Götzenbilder
Erzieherinnen und Eltern fragen nach dem Unterschied
zwischen kommunalen und konfessionellen Kindergärten.
Lebensgefährten fragen nach dem Unterschied
zwischen gläubigen und ungläubigen Partnern.
Berater und Klienten fragen nach dem Unterschied
zwischen Seelsorge und Therapie.
Staatsbürger fragen nach dem Unterschied
zwischen Kulturen und Religionen,
Führern und Geführten.
Das Unterscheiden macht`s.
Was ist eigentlich der Unterschied
zwischen arm und reich, alt und jung,
Führern und Geführten,
Regierenden und Regierten,
Christentum und Islam?
Was ist der Unterschied
zwischen Heil suchen, Heil anbieten und Heil rufen?
Unterscheiden und Vergleichen entsteht aus Angst.
Verunsicherte Menschen glauben,
sich durch Abwertung anderer
aufwerten zu müssen.
Und schaffen sich Götzen:
Lebensgefährten, Heilsbringer, Führer,
Sparkonten, Ölreserven, Waffen, Drogen,
Religionen und Überzeugungen.
Dazu der vielleicht gefährlichste aller Götzen,
das eigene Rechthaben.
Das macht es so schwierig,
mit uns Christen zusammen zu leben:
Wenn wir an unsere Vergebungsbedürftigkeit glauben,
haben wir unsere Schuld zum Götzen gemacht.
Und wenn wir gnädig anderen vergeben wollen,
haben wir uns zu Gott gemacht.
Was bleibt?
Vielleicht dies:
Es gibt keinen Unterschied zwischen Menschen.
Als Schöpfung Gottes
sind wir alle eins,
Erzieherin und Kind,
Mann und Frau,
Führer und Geführter,
Alte und Junge,
Christen und Muslime.
Gemeinsam machen wir Fehler,
vor allem durch Unterscheiden.
Und gemeinsam sind wir Schöpfung,
mit dem verbindenden Merkmal
der gemeinsamen Unschuld vor Gott.
Manchmal kann ich die Verbundenheit
mit allen Menschen gar nicht glauben.
Immer dann diene ich meinem Götzen,
dem Rechthabenwollen.
Nichtstun
Jede Begegnung
enthält eine Aufgabe,
die sich in demselben Augenblick erfüllt,
in dem sie erkannt wird.
Welche ist das?
Das ist sie nicht:
Immer dann, wenn Du etwas erreichen, bewirken
oder durchsetzen willst.
Verständlich ist:
Du bist in Sorge, stehst vor einer Entscheidung,
bist hin- und hergerissen, suchst Beziehung,
bist überzeugt von Deinen Zielen,
willst das Gute.
Meistens willst Du dann etwas bewirken.
DAS ist sie nicht die Aufgabe.
Es könnte stattdessen eine Projektion sein:
Das, was DU willst, soll gut sein für den anderen.
Oder eine Introjektion:
Das, was Du im anderen siehst, dient DEINEN Bedürfnissen.
DAS ist sie nicht die Aufgabe.
Aber welche Aufgabe ist es,
die in jeder Begegnung enthalten ist?
Dies ist der gute Boden, der die Aufgabe trägt:
Du bist ganz da!
Mit all Deinen Ängsten und Hoffnungen.
Ganz da.
Und begegnest dem Menschen
mit all seinen Ängsten und Hoffnungen so,
dass er ganz da sein kann.
Das ist der gute Boden für die eine Aufgabe.
Und dann gibt es nur noch eine vorrangige Aufgabe,
die sich in demselben Augenblick erfüllt,
in dem Du sie erkennst.
Es ist Dein
Nichtstun.
Dein Geschehenlassen.
Dieses Nichtstun
ist das Gegenteil von Angst, Misstrauen, Trägheit,
Resignation und „Hände in den Schoß legen“.
Dieses Nichtstun ist das kraftvolle Ganz-da-sein
im Augenblick,
in dem Du erfährst,
das ALLES getan IST.
Und dann weißt Du, was zu tun ist.
Es ist dieses Nichtstun,
in dem Dein ganzes Mitgefühl,
Deine ganze Freiheit
und Deine ganze Freude
zu einer wahren Begegnung werden,
in der Du nichts mehr willst,
als nichts mehr zu wollen,
um ganz da zu sein.
Und dann ist alles gut.
Und auf einmal öffnet sich eine Tür
an einer Stelle,
an der Du nur eine Wand gesehen hast.
Hier und Jetzt
Wenn Du zurück schaust
auf Deine persönliche, private und berufliche Entwicklung,
Deine Partner, Kinder, Freunde und Kollegen,
stellst Du fest:
Manche Wünsche haben sich erfüllt – andere nicht.
Manche Befürchtungen sind eingetroffen – andere nicht.
Manche Überzeugungen
haben sich als zutreffend erwiesen – andere nicht.
Inzwischen weißt Du,
wann Wünsche, Befürchtungen und Überzeugungen
gute Gefühle machen – und wann nicht.
Also beschließt Du das,
was sich bewährt hat, zu bewahren,
damit das, was gut war, wieder gut wird.
Und das, was nicht gut war, loszulassen,
damit das, was gut ist, gut werden kann.
Und schlingerst von einer Enttäuschung in die nächste.
Weil Du denkst,
Du könntest alles in den Griff bekommen,
indem Du Deine
Wünsche, Befürchtungen und Überzeugungen
klar definierst.
Und auf einmal prallt das Leben in Dein Leben.
Ein Wort berührt Dich, ein Gedanke, eine Idee,
eine Empfindung oder eine Wahrnehmung.
Du machst eine Erfahrung, erlebst eine Begegnung.
Und alles ist ganz neu,
ganz hier und jetzt.
In diesem wunderbaren neuen Moment
Deines aufregenden neuen Lebens,
gibt es einen Wunsch der sich erfüllt – oder nicht,
eine Befürchtung die eintrifft – oder nicht,
eine Überzeugung die zutrifft – oder nicht.
Dieses Hier und Jetzt
ist prall gefüllt mit Sinn,
auch wenn Du ihn nicht gleich erkennst.
Diese Minute, diese halbe Stunde, dieser Tag,
enthält die ganze Fülle
Deines ganzen wunderbaren Lebens.
Das kann und darf nicht immer schön sein.
Es ist, wie es ist
und es ist gut so, wie es ist.
Gib Dich zufrieden.
Die nächste Minute, die nächste halbe Stunde,
der nächste Tag,
werden einen ganz neuen, eigenen Sinn haben.
Mit der ganzen Fülle des Lebens für Dein Leben.
Lass Dich überraschen.