Archiv | Februar 2012

Götzenbilder

Erzieherinnen und Eltern fragen nach dem Unterschied

zwischen kommunalen und konfessionellen Kindergärten.

Lebensgefährten fragen nach dem Unterschied

zwischen gläubigen und ungläubigen Partnern.

Berater und Klienten fragen nach dem Unterschied

zwischen Seelsorge und Therapie.

Staatsbürger fragen nach dem Unterschied

zwischen Kulturen und Religionen,

Führern und Geführten.

Das Unterscheiden macht`s.

Was ist eigentlich der Unterschied

zwischen arm und reich, alt und jung,

Führern und Geführten,

Regierenden und Regierten,

Christentum und Islam?

Was ist der Unterschied

zwischen Heil suchen, Heil anbieten und Heil rufen?

Unterscheiden und Vergleichen entsteht aus Angst.

Verunsicherte Menschen glauben,

sich durch Abwertung anderer

aufwerten zu müssen.

Und schaffen sich Götzen:

Lebensgefährten, Heilsbringer, Führer,

Sparkonten, Ölreserven, Waffen, Drogen,

Religionen und Überzeugungen.

Dazu der vielleicht gefährlichste aller Götzen,

das eigene Rechthaben.

Das macht es so schwierig,

mit uns Christen zusammen zu leben:

Wenn wir an unsere Vergebungsbedürftigkeit glauben,

haben wir unsere Schuld zum Götzen gemacht.

Und wenn wir gnädig anderen vergeben wollen,

haben wir uns zu Gott gemacht.

Was bleibt?

Vielleicht dies:

Es gibt keinen Unterschied zwischen Menschen.

Als Schöpfung Gottes

sind wir alle eins,

Erzieherin und Kind,

Mann und Frau,

Führer und Geführter,

Alte und Junge,

Christen und Muslime.

Gemeinsam machen wir Fehler,

vor allem durch Unterscheiden.

Und gemeinsam sind wir Schöpfung,

mit dem verbindenden Merkmal

der gemeinsamen Unschuld vor Gott.

Manchmal kann ich die Verbundenheit

mit allen Menschen gar nicht glauben.

Immer dann diene ich meinem Götzen,

dem Rechthabenwollen.

Nichtstun

Jede Begegnung

enthält eine Aufgabe,

die sich in demselben Augenblick erfüllt,

in dem sie erkannt wird.

 Welche ist das?

 Das ist sie nicht:

Immer dann, wenn Du etwas erreichen, bewirken

oder durchsetzen willst.

 Verständlich ist:

Du bist in Sorge, stehst vor einer Entscheidung,

bist hin- und hergerissen, suchst Beziehung,

bist überzeugt von Deinen Zielen,

willst das Gute.

Meistens willst Du dann etwas bewirken.

DAS ist sie nicht die Aufgabe.

 Es könnte stattdessen eine Projektion sein:

Das, was DU willst, soll gut sein für den anderen.

Oder eine Introjektion:

Das, was Du im anderen siehst, dient DEINEN Bedürfnissen.

DAS ist sie nicht die Aufgabe.

Aber welche Aufgabe ist es,

die in jeder Begegnung enthalten ist?

 Dies ist der gute Boden, der die Aufgabe trägt:

Du bist ganz da!

Mit all Deinen Ängsten und Hoffnungen.

Ganz da.

Und begegnest dem Menschen

mit all seinen Ängsten und Hoffnungen so,

dass er ganz da sein kann.

Das ist der gute Boden für die eine Aufgabe.

Und dann gibt es nur noch eine vorrangige Aufgabe,

die sich in demselben Augenblick erfüllt,

in dem Du sie erkennst.

Es ist Dein

Nichtstun.

Dein Geschehenlassen.

Dieses Nichtstun

ist das Gegenteil von Angst, Misstrauen, Trägheit,

Resignation und „Hände in den Schoß legen“.

Dieses Nichtstun ist das kraftvolle Ganz-da-sein

im Augenblick,

in dem Du erfährst,

das ALLES getan IST.

Und dann weißt Du, was zu tun ist.

Es ist dieses Nichtstun,

in dem Dein ganzes Mitgefühl,

Deine ganze Freiheit

und Deine ganze Freude

zu einer wahren Begegnung werden,

in der Du nichts mehr willst,

als nichts mehr zu wollen,

um ganz da zu sein.

 Und dann ist alles gut.

 Und auf einmal öffnet sich eine Tür

an einer Stelle,

an der Du nur eine Wand gesehen hast. 

Hier und Jetzt

Wenn Du zurück schaust

auf Deine persönliche, private und berufliche Entwicklung,

Deine Partner, Kinder, Freunde und Kollegen,

stellst Du fest:

Manche Wünsche haben sich erfüllt – andere nicht.

Manche Befürchtungen sind eingetroffen – andere nicht.

Manche Überzeugungen

haben sich als zutreffend erwiesen – andere nicht.

Inzwischen weißt Du,

wann Wünsche, Befürchtungen und Überzeugungen

gute Gefühle machen – und wann nicht.

Also beschließt Du das,

was sich bewährt hat, zu bewahren,

damit das, was gut war, wieder gut wird.

Und das, was nicht gut war, loszulassen,

damit das, was gut ist, gut werden kann.

Und schlingerst von einer Enttäuschung in die nächste.

Weil Du denkst,

Du könntest alles in den Griff bekommen,

indem Du Deine

Wünsche, Befürchtungen und Überzeugungen

klar definierst.

Und auf einmal prallt das Leben in Dein Leben.

Ein Wort berührt Dich, ein Gedanke, eine Idee,

eine Empfindung oder eine Wahrnehmung.

Du machst eine Erfahrung, erlebst eine Begegnung.

Und alles ist ganz neu,

ganz hier und jetzt.

In diesem wunderbaren neuen Moment

Deines aufregenden neuen Lebens,

gibt es einen Wunsch der sich erfüllt – oder nicht,

eine Befürchtung die eintrifft – oder nicht,

eine Überzeugung die zutrifft – oder nicht.

Dieses Hier und Jetzt

ist prall gefüllt mit Sinn,

auch wenn Du ihn nicht gleich erkennst.

Diese Minute, diese halbe Stunde, dieser Tag,

enthält die ganze Fülle

Deines ganzen wunderbaren Lebens.

Das kann und darf nicht immer schön sein.

Es ist, wie es ist

und es ist gut so, wie es ist.

Gib Dich zufrieden.

Die nächste Minute, die nächste halbe Stunde,

der nächste Tag,

werden einen ganz neuen, eigenen Sinn haben.

Mit der ganzen Fülle des Lebens für Dein Leben.

Lass Dich überraschen.