Archiv | März 2013

Ostern

Ostern

Was eigentlich ist Ostern,

was bedeutet es?

Die Sonne scheint ein wenig,

erste Knospen tun sich auf,

Eier färben, Eier suchen,

Frühling, Neubeginn.

 

Dann gibt es noch den historischen Grund:

Stein vom Grab weg gerollt,

Auferstehung, Tod überwunden,

Vergebung.

 

Jeder hat so seine Vorstellung,

meine ist wie immer die richtigste.

Ich vergebe Dir, wenn Du es anders siehst als ich.

Du könntest mir vergeben, wenn ich es anders sehe als Du.

Irgendwas hat Ostern wohl mit Vergebung zu tun.

 

Wenn der Stein der Trennung wirklich weg gerollt ist

und es wirkliche Verbundenheit gibt

und wirkliche Vergebung,

könnte ich heute an Ostern so beginnen:

 

Ich vergebe Gott alles was er ganz anders tut oder lässt

als ich es mir wünsche.

 

Und ich vergebe meinem Partner, meinen Kindern,

meinen Eltern, meinen Kollegen, meinem Chef, meinem Nachbarn

und allen anderen all das, was sie ganz anders tun oder lassen

als ich es mir wünsche.

 

Und auf einmal spüre ich:

Der Stein ist weg gerollt.

Ich habe ja gar keine Vorwürfe mehr.

Das fühlt sich aber ziemlich frei an.

 

Da wird mir plötzlich klar:

Viel von dem, was ich Gott oder einem Mitmenschen

vorgeworfen habe,

habe ich an mir selbst verurteilt:

 

Du machst mir Vorwürfe.

Du verstehst mich nicht.

Du liebst mich nicht.

ist dann:

Ich mache mir Vorwürfe,

ich verstehe mich nicht,

ich liebe mich nicht.

 

Nein, so will ich nicht leben.

Stattdessen will ich mich ganz annehmen

So, wie ich bin.

Ich vergebe mir.

 

Jetzt ist der Stein weg gerollt.

Jetzt kann ich ganz sacht und sanft beginnen,

Dich ein wenig besser anzunehmen so, wie Du bist,

Dich ein bisschen besser zu verstehen,

Dich ein wenig mehr zu lieben.

 

Grad ist Ostern geworden:

 

Ich vergebe mir.

 

(Gott hat es längst vorher schon getan)

Augenblick mal

Augenblick mal

 

Bald ist Ostern.

Eine gute Gelegenheit einen Augenblick nachzudenken

über Kreuz und Auferstehung, Schuld und Vergebung.

 

Stimmt das denn wirklich, dass der Sinn im Augenblick liegt?

Ja, denn alles Unglück kommt vom Denken und Fühlen,

davon, wie Du Menschen und Dinge wahrnimmst und beurteilst.

 

Du erinnerst Dich:

Es gab in Deinem Leben hin und wieder fünf oder zehn Sekunden,

in denen Du weder gedacht noch gefühlt hast,

einfach nur geatmet.

Da gab es Schuldlosigkeit, Zufriedenheit, Erfüllung.

 

Du hast nicht darüber nachgedacht,

ob Du jemandem etwas schuldig geblieben bist

oder jemandem etwas schuldig bleiben wirst.

Du warst fünf oder zehn Sekunden einfach nur da.

 

Und weil wir Menschen sind,

bleiben wir immer etwas schuldig.

Auch beim Beten, Besinnen, Meditieren, Helfen und Lieben.

 

Wenn Du der Kindernothilfe zehn Euro spendest,

bist Du 25 anderen Hilfsorganisationen etwas schuldig geblieben.

 

Ostern macht den Unterschied:

Etwas schuldig bleiben ist nicht schuldig sein !

Ostern ist längst vollzogene Vergebung,

für alles was war und für alles was kommt.

Für jeden und für immer.

 

Wenn Du ein paar Sekunden lang „nur“ achtsam atmest

und „nur“ Dein Sein spürst,

spürst Du in Deiner vollkommenen Schuldlosigkeit Ostern.

Das ist Gott.

Du kannst es Ostern werden lassen.

Dann bist Du im Himmel.

 

Und wenn Glück, Sinn, Zufriedenheit, Erfüllung und Himmel

im Augenblick ist,

weil Gott immer gegenwärtig ist,

dann geht das Vater Unser vielleicht so oder ähnlich:

 

 

Vater Unser im Himmel und auf Erden

Dein Name ist heilig

Hier und Jetzt ist Dein Reich

Dein Wille geschieht

im Himmel und auf Erden

Du gibst uns immer was wir brauchen

Obwohl wir immer wieder irren

und Liebe schuldig bleiben

haben wir keine Schuld vor Dir

Alle Menschen irren immer wieder

aber wir verurteilen sie nicht

Du führst uns immer wieder

in Deinen heiligen Augenblick

damit wir nicht haften

an Vergangenheit und Zukunft

Denn im heiligen Augenblick

ist Dein Reich

Und Deine Kraft

Und Deine Herrlichkeit

In Deiner Gegenwärtigkeit

Amen

 

 

Das Unbekannte

Das Unbekannte

 

Weltbewegende Nachrichten:

Der neue Papst ist gewählt.

Die Bayern werden Deutscher Meister.

Der Terrorist hat eine Bombe gezündet.

Ich trinke Kaffee und schreibe.

 

Was haben Franziskus, die Bayern,

der Terrorist und ich gemeinsam?

Wir wissen, wie das Leben gelingt,

nämlich so:

Wir wollen gewinnen.

Wir stehen für unsere Überzeugungen.

Wir wissen, was sich bewährt hat.

Wir wollen Macht und Kontrolle.

Wir wollen, dass es so ist, wie wir es wollen.

 

Nur dann fühlen wir uns gut.

Die einfachste und sicherste und billigste Art

uns sicher und gut zu fühlen ist die,

es besser zu wissen und besser zu machen.

Deswegen müssen wir uns manchmal über andere stellen.

Wir brauchen Urteile, weil wir damit Ur-Wahrheiten teilen wollen.

 

So weit so gut.

Vielleicht dachtest Du bis hier hin, dass es genau so gut ist,

es geht nicht ohne Gewinnen, Durchsetzen und Kontrolle.

Vielleicht dachtest Du aber auch,

das sei polemisch, ironisch oder zynisch.

 

Nein, beides nicht, allerdings dies:

Wir sind eben so, weil wir Menschen sind.

Wir WOLLEN

Gewinnen, Rechthaben, Durchsetzen und Kontrolle.

Und wenn Du das eingestehst

(was nicht so leicht ist),

dann bist Du heiliger und erleuchteter,

als alle Heiligen und Erleuchteten zusammen.

 

Denn (nur) dann betrittst Du

den Raum der Möglichkeiten,

in dem das Unbekannte möglich sein darf.

Das Unbekannte, das ganz neue Türen öffnet.

Der Raum der Möglichkeiten,

in dem Dir das Neue, das Fremde, das Unbekannte,

das ganz andere – keine Angst mehr macht.

 

Dann bekommst Du im Denken und Fühlen die Weite die einsieht,

dass wir alle immer das „Richtige“ und das „Falsche“

gleichzeitig tun oder lassen.

 

Ist damit Willkür erlaubt?

Im Gegenteil.

Wenn Du Dich so sehr dem Unbekannten öffnest,

dass Gewinnen, Rechthaben und Kontrolle

zwar noch immer wirklich,

aber nicht mehr immer nötig sind,

wirst Du Dich an die Liebe verschenken.

Und wenn Du Dich für zwei Minuten am Tag

ganz in Liebe verschenkst,

bist Du vollkommen erleuchtet.

Du weißt es ja:

Ein bisschen erleuchtet genügt vollkommen.

 

Gott lebt auch im Unbekannten.

Und wenn wir das Unbekannte mit ihm lieben,

werden wir es sanft und zart umarmen

wie ein neugeborenes Kind.

 

Dann wissen wir, was Leben ist.

Und wie es gelingt:

Es ist nicht der Schnee,

der die ersten Frühlingsknospen erfrieren lässt.

Leben ist der Schnee,

der die ersten Frühlingsknospen umhüllt, wärmt und beschützt.

Schau einfühlend und achtsam hin:

So ist der Raum des unbekannten Möglichen,

in dem Du Deinen Heimweg fühlen kannst:

Wärmender Schnee.

 

Bis Du ganz zuhause bist.

Dann sagst Du:

Schau nur – Schnee.

 

Spaziergang

Spaziergang

 

Hast Du schon mal in der Schlange an der Supermarktkasse

Deine Gedanken beobachtet?

Dann waren sie vielleicht so oder ähnlich:

 

Ich wünschte, ich hätte mich nebenan angestellt.

Ich wünschte, die Kassiererin wäre nicht so langsam.

Ich wünschte, ich hätte den Wagen nicht so voll geladen.

Ich wünschte, die Mutter hinter mir könnte ihr Kind beruhigen.

Ich wünschte, es würde gleich aufhören zu regnen.

Ich wünschte, ich müsste all das nicht die Treppen hochschleppen.

Ich wünschte, ich müsste später nicht schon wieder kochen.

Ich wünschte, ich hätte so viel Zeit wie die Rentnerin vor mir.

 

Du merkst es schon:

Alles Unglück kommt vom Wünschen.

Vorwürfe, Selbstvorwürfe, Unzufriedenheiten, Eile, Ärger, Sorgen,

Abhängigkeiten, Kummer, Unsicherheiten, Schuldgefühle, u.s.w.

Das kommt dabei heraus.

Alles selbst gemacht.

 

Falls das aber wahr ist,

was hier in den Sonntagsgedanken immer wieder behauptet wird,

dass wir unser wahres Zuhause, den Himmel, in uns tragen,

und der Himmel im Hier und Jetzt ist,

unabhängig von Vergangenheit und Zukunft,

bist Du in der Schlange an der Supermarktkasse

im Himmel, Deinem wahren Zuhause.

 

Dann könntest Du dies probieren:

Du atmest ein.

Und atmest aus.

Ganz langsam bewegst Du Dich in der Schlange nach vorne.

Und spürst:

Ich bin zuhause.

Ich mache gerade einen Spaziergang im Himmel.

Du lässt alles los,

was Dich daran hindert,

in der Gegenwart zu sein

und Dir Anlass zu Sorge und Kummer gibt.

Und bist ganz da.

 

Und da geschieht das Wunder:

Du siehst das Kind.

Du lächelst der Kassiererin zu.

Du bist dankbar für die Lebensmittel.

Du hast Zeit.

Du bist froh und heiter

(dazu gehört auch, Sorgen haben zu dürfen).

Du bist dankbar für Deine Gedanken und Wünsche,

auch dafür, sie nicht haben und erfüllt haben zu müssen.

Du atmest ein und aus.

Du machst einen Spaziergang im Himmel.

 

Später, wenn Du Deine schweren Tüten die Treppe hochträgst,

kannst Du ein- und ausatmen.

Dankbar sein,

für Deine Hände und Füße,

Deine Augen und Ohren,

die Lebensmittel,

die warme Wohnung,

Deine Lieben.

Dafür, dass Dein Herz schlägt.

Da bist Du zuhause.

Und in Deinem wahren Zuhause.

Machst auf der Treppe einen Spaziergang im Himmel.

 

Darfst Du Dir wirklich gar nichts mehr wünschen?

Selbstverständlich:

Du kannst ja mal woanders einkaufen gehen.

Welch eine Freiheit.

Dann machst Du dort einen Spaziergang im Himmel.

Du wirst dort Kinder treffen, Mütter und Kassiererinnen.

Und Du kannst mit Deinem Lächeln

ganz im Hier und Jetzt

dafür sorgen,

dass sie alle für einen Augenblick

wunschlos glücklich sind.

Das ist die wundervollste Art und Weise

wunschlos glücklich zu sein.

 

Glücklich machen ist der Ort,

an dem Du überall zuhause bist.

Wo immer Du bist,

Du kannst dort einen Spaziergang im Himmel machen.

Lebenswürze

Lebenswürze

 

Wie viele tausend Liter Tränen mögen wohl fließen

an einem Tag auf diesem Planeten?

Wie groß würde der See wohl sein,

wenn alle Traurigen an einer Stelle stünden?

Und wie tief wäre wohl das Tal,

in das alle nicht geweinten Tränen hinein passen würden?

 

Und was, wenn es konkret wird und unser Leben betrifft?

 

Das verzweifelte Unglücklichsein eines Menschen,

besonders das eines hilflosen Kindes,

kann uns das Herz zerreißen.

Dann reagieren wir mit Problemlösung, Trost und Hilfe.

Manche nennen das Überfürsorge.

Aber es steckt eine liebevolle Wahrheit darin:

„Du kannst nie zu viel lieben“

 

Manchmal reagieren wir

mit rückblickendem, analytischen Verstand,

fühlen uns von den Tränen eines Mitmenschen

bedroht, erpresst und ungeliebt,

an eigene Schmerzen im Verlust erinnert

und spüren Wut auf uns selbst und andere.

Manche nennen das Hilflosigkeit.

Aber auch darin steckt eine liebevolle Wahrheit:

„Du darfst so sein, wie Du bist“

 

Manchmal bevorzugen wir, uns selbst und andere

nicht gar so wichtig zu nehmen

und empfehlen, was uns selbst einst half:

„Alles wird gut“

„Es könnte schlimmer kommen“

„Reiß Dich zusammen“

„Sei lieber dankbar für all das Gute“.

Manche nennen das Vertröstung.

Und auch darin steckt eine liebevolle Wahrheit:

„Das Leben stellt die Fragen“

 

Eine mögliche Wahrheit,

die in allen drei Möglichkeiten steckt ist die:

Begegnung geschieht immer dann,

wenn Du weder Dich noch irgendjemand verurteilst

für irgendeine Reaktion auf irgendetwas.

 

Jede miterlebte Träne,

die eigene und die anderer Menschen,

bringt mich zur Besinnung.

Zur Bewusstheit.

Und zum Sinn des Lebens.

 

Kann sein,

dass „Überfürsorge“, „Hilflosigkeit“ oder „Vertröstung“

daraus entsteht.

Kann sein, dass Empörung, Veränderung und Liebe

daraus entsteht.

 

Gewiss aber erscheint dies:

Aus jeder bewusst wahrgenommen Träne

bei mir und bei meinem Mitmenschen fern oder nah,

entsteht Mitgefühl,

für mich und den Mitmenschen.

 

Vielleicht bleibt hinreichend „nur“ dies:

Wenn Du eine Träne einfach nur küsst

und deren Geschmack

sich mit dem Geschmack Deiner eigenen Träne vermischt,

entsteht Nähe, die näher nicht sein kann.

Das Salz der Erde.

Und die Würze des Lebens.

 

So lasst uns fröhlich bleiben

indem wir fröhlich sind

und fröhlich weinen.