Haben
Haben
Es gibt so vieles, das ich habe:
Eltern, Kinder, Freunde, Kollegen, Haustiere,
Möbel, Kleider, Bilder, Lebensmittel, Pflanzen, Aktenordner,
Spardosen, Halsketten, Zeitungen, Bücher, u.v.a.m.
Ich bin reich, stolz und dankbar.
Gleichzeitig spüre ich:
Alles, was ich habe, will etwas von mir,
fordert Aufmerksamkeit, Fürsorge, Zeit und Liebe –
und hat mich fest im Griff.
Manchmal so sehr,
dass ich mich selbst dabei vernachlässige, verfange und verliere.
Da steht das Regal mit meinen Lieblingsbüchern.
Ich nehme mir eins.
Vorn drauf dieses schöne Bild.
Der Einband ist glatt und weich.
Und innen riecht es gut.
Ich höre die Autorin sprechen,
durch meine angestrichenen Sätze
und frage mich,
was die gerade macht und wie es ihr wohl geht.
Wer ist sie wohl?
Und wer bin ich?
So reden wir miteinander,
in gegenseitiger Einfühlung und Wertschätzung
Ich stelle das Buch zurück ins Regal,
dahin, wohin es gehört.
Die Autorin und ich,
wir sind in Beziehung und werden es bleiben.
Aber – wir haben einander nicht.
Manchmal nehme ich mir das Buch.
Manchmal ruft es mich.
Mir wird klar:
SO möchte ich mit Menschen, Dingen,
Gefühlen und Gedanken sein.
Mit Menschen, Dingen, Gefühlen und Gedanken die ich habe
oder die mich haben.
Mag sein, dass „ins Regal stellen“ hart klingt.
Und doch ist es so.
Ich gebe mich ganz hin.
Und dann lasse ich ganz los.
Loslassen ist die tiefste Form von Liebe.
Es ist gut, für jemanden oder etwas
eine Zeit lang ganz da zu sein
in Verantwortung, Liebe und Bewusstheit.
Und dann wieder ganz loszulassen.
Damit der andere seinen Weg gehen kann.
Es geht darum
Verantwortung, Fürsorge, Gefühle und Gedanken zu haben,
in ganzer Freiheit
und ganzer Verantwortung.
In Verantwortung, die frei macht.
Das ist grundlegend anders,
als wenn Verantwortung, Fürsorge, Gefühle und Gedanken
mich haben
und ich mich darin verfange und verliere.
So lerne ich:
Wenn ich ganz da bin für das Buch und die Autorin,
ganz in Hingabe
und ganz im Loslassen,
bin ich auch ganz da
für die Menschen und Dinge die ich liebe.
Ohne Haben und Gehabtwerden.
In demselben Augenblick,
in dem ich für mich und andere aufhöre
mit den Augen des Habens und Gehabtwerdens
zu schauen,
in demselben Augenblick
beginne ich mit den Augen
des Verstehens, des Mitgefühls, der Verantwortung,
der Bewusstheit, der Selbstfreundschaft und der Liebe
zu schauen.
Dann sind die Menschen und die Dinge die ich liebe,
wie mein Buch:
weich und leicht.
Manchmal mit Eselsohren.
Manchmal ein wenig anstrengend.
Aber wir riechen gut.
Und wir sind schön,
außen und innen.
Empfangen
Empfangen
Ich hab so viele Wünsche.
Nicht nur materielle.
Ich wünsche mir
Vertrauen, Freiheit, Sicherheit, Glück, Erfüllung, Liebe.
Was mache ich nur mit meinen vielen Wünschen ?
Es gibt ganz unterschiedliche Arten zu bekommen,
was ich mir wünsche:
Ich erbettele es, ich fordere es, ich tausche es,
ich erpresse es, ich nehme es mir.
So mache ich es meistens.
Aber es bleibt ein fader Beigeschmack:
Es ist, als würde ich es stehlen.
Wahrscheinlich liegt es an dem Unterschied
zwischen Nehmen und Empfangen.
Empfangen geschieht, wenn ich schenke.
Und das weiß ich doch schon lange:
Je mehr ich gebe, desto glücklicher bin ich.
Probleme gibt es immer dann, wenn ich nicht gebe.
Alles, was ich nicht gebe,
kann ich auch nicht empfangen.
Allerdings:
wenn Geben erschöpft
(z.B. bei sozialen Menschen, die gern helfen),
ist es zumeist ein Opfer.
Wenn das Geben ein Opfer ist,
das nicht glücklich macht
(beide nicht glücklich macht),
ist es meist ein Geben,
das eigentlich ein Nehmen ist.
Wahrhaftes Geben ist eines,
bei dem ich mich ! verschenke,
ohne mich zu verlieren oder zu opfern.
Beim wahrhaften Geben,
bei dem ich nicht gleichzeitig nehmen will,
empfange ich automatisch.
Und umgekehrt:
Wenn ich empfänglich bin,
mit weit geöffnetem (verletzbarem) Herzen
(ohne nehmen zu wollen),
erscheinen der Schenkende und das Geschenk.
Der Schenkende und das Geschenk erscheinen
oftmals heimlich, sanft und liebevoll
wie die Schneeflocke,
die genau weiß, wo sie sich niederlassen will.
Was können wir tun,
wenn wir empfangen, statt nehmen wollen ?
1. Du schenkst genau das, was Du Dir wünschst.
2. Du glaubst, dass Du wertvoll genug bist,
das zu empfangen, was Du verschenkst.
3. Du erfährst und erlebst,
das Schenken und Empfangen gleich ist
(wenn es mit opfern und nehmen nichts zu tun hat).
Und so ergibt sich, dass wir beide, Du und ich,
gleichzeitig Geber und Empfänger sind.
Und dass wir all das geschenkt bekommen,
was wir verschenken.
Und wenn Du Dir
Vertrauen, Freiheit, Sicherheit,
Glück, Erfüllung und Liebe
wünschst,
dann schenkst Du all das.
Und in dem gleichen Maße,
in dem Du es verschenkst,
empfängst Du es,
in demselben Augenblick.
Alles wird gut
Alles wird gut
wenn Du nur die richtigen Dinge kaufst.
Dann bekommst Du Jugend, Glück, Schönheit und Gesundheit.
Die einen bauen Autos zum Leben,
die anderen versprechen Erfüllung durch Anti-Aging.
Die Zahnpasta zeigt Dir den Schlüssel zum strahlenden Lächeln.
Spielautomaten verheißen soziales Miteinander.
Geiz ist geil.
Erlösung quadratisch, praktisch und gut.
Wahre Inspiration durch neustes Handy.
Du bekommst Flügel verliehen.
Es gibt sogar Siliconimplantate gegen Elektrosmog.
Überall das gute Leben,
mit Motion und Emotion.
Feel good,
for ever young and happy.
Superweich, superschnell, supergeil, superperfekt.
Alles wird gut.
Also gut:
Ich gehe aus dem Kontakt,
setze mich an den Rechner,
küsse, streichle und klicke die Maus
und finde für wenigstens eine Stunde das Richtige:
Sehnsuchtsgeilheit und Störungsfreiheit.
Frieden durch Selbstbefriedigung.
Ich bekomme, was ich will.
Ersatzbefriedigungen haben sich schon in der Kindheit bewährt.
Und der Computer widerspricht nicht.
So liebe ich Kommunikation.
Alles wird gut.
Aber:
Was ist nach ! dem Einkaufsbummel?
Was ist nach ! der Computersitzung?
Nach ! dem Konsum?
Der Rausch lässt nach.
Der Kater kommt.
Zweifel, Hoffnungslosigkeit und Angst kehren zurück,
waren nie wirklich weg.
Sie Seele lässt sich nicht täuschen.
Ich begreife:
All das Unschöne gehört auch zu mir.
All das Schmerzhafte bin ich auch.
Da spüre ich Erleichterung:
Zu Glück, Sinn, Erfüllung und seelischer Gesundung
führt ausschließlich die Kraft,
die den Schmerz des Negativen zulässt.
Erst durch meine Wunden
wird die Heilung mit Liebe gefüllt.
Erst Frieren macht Sehnsucht nach Wärme
und gibt Kraft Brennholz zu sammeln.
Erst Angst macht tapfer.
Du kannst nur das wegwischen,
was Du ausgekotzt hast.
Auferstehung gibt es nicht ohne das Kreuz.
Nur mit dem Schmerz der Einsamkeit,
den ich nicht betäube, verdränge, leugne, zudecke,
gibt es sinnstiftende Zusammenhänge.
Und tatsächlich:
Dann wird alles gut !
Weil alles gut IST,
auch Zweifel, Angst und Schmerz.
Sei sicher:
wenn Du es ausgekotzt hast, findet sich jemand,
der Dir den Lappen reicht.
Und noch viel mehr gilt dies:
Wenn Du jemand bist, der es lieber auskotzt,
als sich den Magen zu verderben,
dann bist Du selbst jemand,
der einem anderen den Lappen reicht.
Alles IST gut!
Und wenn wir mal wieder in Versuchung sind
in wohlriechendem Duft Erfüllung zu finden,
wollen wir sie ernst nehmen die Parfumerie, die so wirbt:
Come in and find out
Komm rein und finde schnell wieder hinaus
(ob die es so gemeint haben?)
Zum Geburtstag
Zum Geburtstag
Oh welch ein Tag – halt Dich zum Jubelfest bereit
Entbindung hat Dich einst zu Eigenständigkeit befreit
Der Schmerz der Unabhängigkeit als Freund der Lebenszeit
Bleibt der Begleiter Deines Wachstums in Verbundenheit
Da reifst Du wie der Baum der seine Säfte selbst nicht drängt
Und doch voll Sehnsucht jeden Sonnenstrahl empfängt
Du hast in dunklen Stunden die Wurzeln tief ins Innere gesenkt
Und bist in jeder Ungewissheit getragen und beschenkt
Bleib mutig weiterhin nichts zuzudecken
Erfüllung kannst Du manchmal erst im Schmerz entdecken
Lass Dein Verflochtensein Dir Deine Wunden lecken
Dann wirst Du mit den Deinen die ganze Lebenssüße schmecken
Aus Gnade kennst Du nicht die Zeit die Dir gegeben
Dir bleibt die Macht all Deine Selbstbehauptung aufzugeben
Dir ist für Deine Einzigartigkeit Vollkommenheit gegeben
Der Ozean kann nur mit Dir als Tropfen weiter leben
Du bist begabt auch Brüchigkeiten zu benennen
Oft macht es sogar Sinn dagegen anzurennen
Versöhntsein kann den Blick für Schönheit nicht mehr hemmen
Das Lächeln Gottes kannst Du auch im Hässlichen erkennen
Beim Lieben darfst Du gern auf Glücksgefühl verzichten
Sie ließ sich bei Dir nieder um Egowahnsinn zu vernichten
Um Dein Empfangen am Bedarf des Nächsten auszurichten
Will Liebe Deinen Sinn zu wahrer Selbstfreundschaft verdichten
Der Blick zurück nach vorn macht manchmal leeres Unbehagen
Begrenz doch besser Deine Zeit für angstbesetztes Klagen
Du kannst ganz Hingegebensein in jedem Augenblick neu wagen
Der Friede der sich darin öffnet wird Dich sanft und sicher tragen
Du bist doch längst von Angst und Einsamkeit befreit
Berührtsein ruht auch ohne Glauben in himmlischer Verschmolzenheit
Die Schönheit Deines Werdens hält Dich zum Liebesdienst bereit
Was bleibt ist Dankbarkeit in heiterer Gelassenheit
Das wünscht Dir Christian