Archiv | August 2013

Freude

Freude

 

Wir Menschen sehnen uns so sehr nach Freude.

Wir haben gern Freude.

Wir machen gern Freude.

Wir bekommen gern Freude gemacht.

 

Wir haben dabei allerdings ein Problem:

Wenn wir Freude ersehnen,

haben wir sie nicht,

machen wir sie nicht

und bekommen sie nicht gemacht.

 

Und selbst dann, wenn wir die Freude gerade erleben,

schaltet sich schnell unser Verstand ein

und warnt uns,

zeigt uns sogleich das mögliche Gegenstück,

beschwört Ängste und Befürchtungen,

erinnert uns an freudlose Momente.

Selbst die hin reißendsten und erfülltesten Momente

assoziiert unser Verstand

mit Erinnerungen an die Vergangenheit

und Befürchtungen für die Zukunft.

 

Die Lösung könnte in der hier folgenden Zumutung liegen:

Wir können Freude nicht haben.

Und nicht machen.

Und nicht gemacht bekommen.

 

Oh, wie desillusionierend !

Wo ich doch so gerne

Freude habe, mache und gemacht bekomme.

 

Nein, nicht verzweifeln:

Die entspannende Lösung der Zumutung

ist nur ein kleiner Schritt zur wahren Lösung:

 

Wir Menschen tragen die Freude in unseren Herzen.

Sie ist immer da.

 

Wenn wir sie haben und behalten wollen,

läuft sie weg.

Wenn wir sie machen wollen,

wollen wir etwas bewirken, das nicht in unserer Macht liegt.

Wenn wir sie gemacht bekommen wollen,

suchen wir in Wirklichkeit Selbstbefriedigung.

 

So aber könnte die Wahrheit sein:

Ich trage die Freude immer bei mir.

Und der andere trägt seine Freude immer bei sich.

Und so kann ich sie erfahren und erleben:

Ich besinne mich darauf, dass ich sie in mir trage.

Mache mir die Freude, die da ist, bewusst.

Entdecke, dass sie zu jedem Zeitpunkt

und unter allen Umständen immer da ist.

Gebe mich diesem einen Augenblick ganz hin.

Erlebbar und erfahrbar ist die Freude

ohne den Verstand und mit ganzem Herzen,

in diesem einen, wunderbaren Augenblick.

Ich lasse alles andere los,

all mein Denken und Fühlen,

all mein Hoffen und Fürchten,

meine Vergangenheit und meine Zukunft.

Und dann ist sie da.

Ganz da.

 

Nein, ich will nicht mehr Freude haben,

machen oder gemacht bekommen.

Die Freude, die ich bin

und die ich immer bei mir trage,

vor Urzeiten in mir angelegt,

diese Freude kann nicht anders:

Sie will sich ausdehnen.

Ausdehnen zu dem hin,

der seine in sich trägt.

 

So wird Kommunikation Kommunion.

Und so wird Beziehung Liebe:

zwei Menschen hören auf

Freude haben, machen oder gemacht bekommen zu wollen.

Sie machen sich ihre Freude bewusst

lassen sie sich ausdehnen zum anderen hin

und lassen sie sich aneinander anlehnen.

Heute

Heute

 

Heute will ich Gutes denken und tun

für die Menschen, die Gutes denken und tun.

Will aber auch Gutes denken und tun

für die Menschen, die wenig Gutes denken und tun.

Vielleicht kann ich damit einen kleinen Beitrag leisten,

dass heute mehr Gutes gedacht und getan wird.

 

Heute will ich Vertrauen haben und schenken

für die Menschen, die Vertrauen haben und schenken.

Will aber auch Vertrauen haben und schenken

für die Menschen, die wenig Vertrauen haben und schenken.

Vielleicht kann ich damit einen kleinen Beitrag leisten,

dass heute mehr Vertrauen gehabt und geschenkt wird.

 

Heute will ich Dankbarkeit erleben und leben

für die Menschen, die Dankbarkeit erleben und leben.

Will aber auch Dankbarkeit erleben und leben

für die Menschen, die wenig Dankbarkeit erleben und leben.

Vielleicht kann ich damit einen kleinen Beitrag leisten,

dass heute mehr Dankbarkeit erlebt und gelebt wird.

 

Heute will ich Verbundenheit spüren und stiften

für die Menschen, die Verbundenheit spüren und stiften.

Will aber auch Verbundenheit spüren und stiften

für die Menschen, die wenig Verbundenheit spüren und stiften.

Vielleicht kann ich damit einen kleinen Beitrag leisten,

dass heute mehr Verbundenheit gespürt und gestiftet wird.

 

Heute will ich sein wie ein Kind

für die Menschen, die sein können wie ein Kind.

Will aber auch sein wie ein Kind

für die Menschen, die wenig sein können wie ein Kind.

Vielleicht kann ich damit einen kleinen Beitrag leisten,

dass wir werden wie die Kinder.

 

Ich will heute lieben,

die Menschen, die viel lieben (das ist leicht)

und die Menschen, die weniger lieben (das ist nicht so leicht).

Ich leiste damit einen ganz kleinen Beitrag,

dass wir werden wie die Kinder

und dass damit die ganze Welt

ein klein wenig schöner ist.

Liebe

Liebe

 

Wir könnten mal wieder über die Liebe reden.

Ein heikles Thema?

Ach nein, vielleicht das wichtigste überhaupt.

Vielleicht wichtiger als

Zu-Friedenheit, Be-Friedigung und Frieden.

Die drei können vergehen.

Und das tun sie ja auch immer wieder.

 

Die Liebe aber war immer da.

Ist immer da. Bleibt immer da.

Das ist die gute Nachricht.

 

Hier die schlechte:

Leider können wir sie nicht immer

erfahren und erleben, die Liebe.

Sie scheint sich manchmal verstecken zu wollen, die Liebe.

Das ist ärgerlich.

 

Und da fallen mir sofort Situationen und Menschen ein,

die dafür verantwortlich sind,

dass ich die Liebe nicht erfahren und erleben konnte und kann.

 

Nur in diesen kleinen, erleuchteten Momenten

frage ich mich, ob das auch an mir liegen könnte,

dass ich die Liebe nicht erfahre und erlebe.

 

Schließlich weiß ich genau,

wann ich die Liebe spüre,

nämlich immer dann, wenn sie sich schön anfühlt.

Das sind diese romantischen Momente.

Es ist dieser sentimentale Zustand des Gefühlsreichtums,

gemischt mit ein wenig Sehnsucht nach Dauer.

So romantisch,

dass ich einen Roman schreiben könnte über diese Romanze.

Oh je, ich merk schon,

es droht kitschig zu werden,

aber es fühlt sich doch so schön an…

 

Außerdem weiß ich doch:

Das schöne Romantische ist leider immer nur

von sehr kurzer Dauer.

Schnell schaltet sich der Verstand ein,

relativiert alles,

erinnert mich an unschöne Erinnerungen,

suggeriert mir unschöne Befürchtungen,

mahnt mich, mein eigenes Überleben zu sichern.

 

Da wird mir klar:

Die Liebe (die immer da ist)

ist nur ein Gast (in meinem Erleben).

Ich kann sie nicht fordern, nicht verhaften und nicht horten.

Ein Gast kommt nur, wenn er nicht muss.

Ein Gast, der nicht auch gehen darf,

vergeht schon, bevor er kommt.

 

Besonders kompliziert wird es bei den Menschen,

mit denen mich eine besondere Liebe verbindet.

Bei denen denke ich,

sie seien die Quelle von allem Schönen.

Die möchte ich am liebsten an mich binden,

fesseln, vereinnahmen, mit ihnen verschmelzen.

 

Und diese Menschen tyrannisiere ich manchmal

mit meiner Sehnsucht nach Liebe,

die sollen meine ganzen Mängel kompensieren.

Solche Menschen brauche ich für mich.

 

Und deswegen ist dies

der unerträglich anmutende Skandal mit der Liebe:

Einen Menschen, den ich brauche,

kann ich nicht lieben.

Oder noch deutlicher:

Es ist garantiert,

dass ich den Menschen, den ich brauche,

nicht liebe.

Und umgekehrt:

Der Mensch, der sich von mir brauchen lässt,

liebt mich nicht. Garantiert.

 

Ja, wie denn dann?

So:

Ich kann diese Liebe, die immer da ist,

auch wenn ich sie nicht immer erlebe, verschenken.

Liebe ist nicht immer romantisch.

Sie ist eine Entscheidung.

Ich entscheide mich zur Hingabe

an etwas oder jemanden.

DAS

ist das Ende der Tyrannei meiner Sehnsucht nach Liebe.

Die Liebe kann da sein,

ohne Zu-Friedenheit, Be-Friedigung und Frieden.

Sie ist IMMER dann da,

wenn ich sie weggebe. Nur dann.

 

Dies wäre ein guter Grund für Beziehung und Ehe:

Egal, was aus Deinem oder meinem Verstand hochkommt,

egal, wie oft es romantisch ist oder nicht,

egal, was mit mir und Dir und uns, war, ist und wird:

ICH BLEIBE. Punkt.  

Erziehungskunst

Erziehungskunst

 

Kunst

ist ein durch Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes

geschütztes Grundrecht:

Kunst ist frei.

Kunst ist ein kreativer Prozess.

Sie dient durch Übung und Intuition der Erbauung.

 

Erziehung ist eine Kunst.

Ich kann sie ausstellen, anbieten, verschenken.

Und zwar bevor ich selbst sie verstanden habe,

sogar ohne sie selbst verstehen zu wollen.

 

Wie das?

Indem ich den Geist leere

und das Herz fülle.

 

Erziehungskunst

ist die Kunst der Beziehung,

der Zwischenraum zwischen dem Kind und mir.

Sie bedeutet,

nichts bewirken zu wollen und zu müssen,

nicht mehr unterscheiden zwischen richtig und falsch.

 

Damit belegt sie die Sinnlosigkeit

aller qualitätssichernder Programme.

 

Erziehungskunst ist eine Kunst.

Sie erstrahlt aus dem gefüllten Herzen

der eigenen Persönlichkeit

und der Gegenwärtigkeit reinen Daseins.

 

Erziehungskunst

braucht keine Formeln, Strukturen und Baupläne.

Sie will weder Roboter

noch geklonte Einheitsschafe.

Wenn sie überhaupt etwas will,

dann kreative Kunstwerke

aus der Fülle gefüllter Herzen.

 

Erziehungskunst ist die Kunst,

die Menschen aus dem Egoismus erlöst

mit eigenen Ansprüchen Ziele erreichen zu wollen.

 

Erziehungskünstler malen mit weichem Pinsel

und leuchtenden Farben auf das weiße Blatt

des Zwischenraums zwischen Menschen.

 

Erziehungskünstler sind einfach nur da.

Sie er – ziehen nicht.

Vielleicht begleiten sie.

Vor allem aber sind sie einfach „nur“ sie selbst.

Und sind einfach „nur“ Zeitgenossen.

 

Erziehungskunst ist die Schule der Erziehungskunst.

 

So entsteht Gemeinschaft.

Mehr nicht.

Dieses „mehr nicht“ ist viel mehr als genug.

 

In Gemeinschaft erleben und erfahren Menschen

Berühren und Berührtwerden

von Herz und Haut.

 

Sie erfahren, dass nichts gut werden muss,

weil alles gut ist.

 

Das Bild, das ich hingegeben betrachte,

der Tanz, den ich unbeobachtet tanze,

das Lied, das ich versunken summe,

die Natur, die ich leidenschaftlich genieße,

das gute Wort, das ich meditierend verinnerliche,

der Atem, den ich achtsam erfahre,

 

das alles erweckt in mir Dankbarkeit

für Teilhabe am lebendigen Leben.

 

Da fließen wie von alleine

Ströme lebendigen, durststillenden Wassers aus mir heraus.

 

Erziehungskunst ist

Dankbarkeit und lebendiges Wasser

zur Verfügung zu stellen.

 

So ist Erziehungskunst Heilkunst.

 

Und dies ist die Botschaft

meiner Heil- und Erziehungskunst:

 

Ich stelle MICH zur Verfügung.