Archiv | März 2015

Vergebung praktisch

Vergebung praktisch

 

Kurz vor Ostern.

Man könnte mal über Vergebung sprechen.

Über Gewalt und Gewaltlosigkeit,

über Krieg und Frieden.

 

Weltweit gibt es derzeit über 400 Kriege

(Auseinandersetzungen mit Waffengewalt).

Allein die USA führen derzeit 74 Kriege.

Dazu kommen die ungezählten kalten Kriege.

 

Und meine persönlichen 27 Kriege,

vor allem der mit meinem Nachbarn.

Mein Nachbar möchte sein Auto

vor dem Fenster seines Hauses parken.

Das sehe ich nicht ein.

Ich bin froh um jede Lücke.

Habe keine Lust, 300 Meter zu laufen.

Ich zahle Steuern, darf überall parken.

 

Der Nord-Süd-Konflikt wird immer brisanter.

Hoffentlich müssen wir die Flüchtlinge

nicht eines Tages abschießen.

 

Wer weiß,

was aus dem neuen, kalten Ost-West-Krieg wird?

Herr P. aus dem Osten und Frau M. aus dem Westen

sind einander böse.

Und ich?

Ich möchte nicht nur eine Parklücke.

Ich möchte auch genug Wohlstand,

um mir ein Auto kaufen zu können.

Und ich brauch auch Öl und Benzin.

 

Mir fallen Menschen ein,

die die ganze Welt bewegt haben,

weil sie ihren gewalttätigen Unterdrückern

vergeben haben

(fern aller logischen Vernunft

mit der man per Zahn um Zahn

um Gerechtigkeit kämpft)

und so Frieden in die Welt gebracht haben:

Gandhi, King, Mandela, etc.

 

Mir fällt der palästinensische Vater ein,

der die Augen seiner ermordeten Tochter

einem jüdischen Mädchen gespendet hat.

 

Wie haben die das geschafft?

Sie haben auf das Rechthaben verzichtet.

Und sich in die Beweggründe des Gegenübers eingefühlt.

Haben versucht, das Gegenüber zu verstehen.

Haben unterstellt,

dass der Aggressor selbst Opfer eines Leides ist,

selbst Angst hat.

 

Wie wäre es,

wenn Herr P. und Frau M.

sich in die Ängste

ihres Gegenübers einfühlen würden?

 

Seit ich von meinem Nachbarn weiß,

dass sein teures Auto

mit Bargeld und allen Papiern gestohlen wurde,

halte ich ihm die Parklücke vor seinem Haus frei.

Ich habe ihn ziemlich aus dem Konzept gebracht,

wir sind inzwischen Freunde.

 

Es hat sich bei uns beiden gut angefühlt

auf das Rechthabenwollen zu verzichten.

Wir sind jetzt froh und heiter miteinander.

Inzwischen kommt die Freude nicht aus dem Verzicht,

sondern weil wir Freude miteinander haben,

verzichten wir gern.

 

Zudem hab ich mittlerweile auch dies begriffen:

Wenn ich jemanden für böse halte

Herrn P. oder Frau M. oder meinen Nachbarn,

bekämpfe ich das Böse in mir,

weil ich das Böse in mir nicht ertrage

(wer weiß, wozu ich fähig bin).

 

Ich kenne die Feindseligkeit in mir,

gegen mich und andere.

Und habe begonnen, mir zu vergeben,

mich mit mir selbst zu versöhnen.

 

Aus dieser Versöhnung ist Mitgefühl geworden.

Manchmal bin ich damit sehr glücklich.

Und stecke andere damit an.

 

Ich bin froh mit meinem Verzicht.

Und wenn dann bald der Osterbraten kommt,

freue ich mich auch darauf,

auf Entbehrung zu verzichten.

 

Und ich schicke mein Licht der praktischen Vergebung

(die stärkste Kraft der Spiritualität)

zu allen meinen Feinden.

 

Wie ich das hinkriege?

Ich liebe mich.

Bewusstheit teilen

Bewusstheit teilen

 

In fast allen Kulturen und Religionen

gibt es Tage des Fastens,

im Judentum u.a. an Jom Kippur,

im Islam den Ramadan,

im Christentum die Passionszeit vor Ostern.

Menschen machen sich die Bedeutung ihrer Feste bewusst,

wollen sich auf Wesentliches besinnen,

verzichten für eine Weile auf Gewohntes,

um ihren Fokus auf Bedeutsames zu richten.

 

Der Verzicht

gehört aus entwicklungspsychologischer Sicht

zu den Erfahrungen, die eine Persönlichkeit

in besonderem Maße stärken können.

 

Menschen fast aller Kulturen und Religionen

verzichten für eine bestimmte Zeit

auf Fleisch, Süßigkeiten, Alkohol oder andere Genussmittel,

manche auf die gesamte Ernährung.

 

Der Verzicht

ist eine gute Möglichkeit des Innehaltens,

der Unterbrechung des gestressten Getriebenseins

und Funktionierenmüssens.

Eine gute Möglichkeit zur Bewusstwerdung dessen,

was zählt im Leben,

dessen, was wir zutiefst wirklich wollen und sollen.

 

Stattdessen sitzen viele Menschen dösend wie Vielflieger,

Kilometerrabatte sammelnd in wackeligen Sitzen

und haben nicht einmal mehr die Sehnsucht,

dass der Himmel sich öffnen könnte.

 

Andere fühlen sich getrieben

durch perfektionistisches Funktionieren

ihre schlechten Gefühle zu kompensieren.

Und werden doch immer wieder eingeholt

von ihrer Wut, ihrer Angst, Ihrer Trauer, ihrer Scham,

ihrem Groll, ihrer Eifersucht, Ihren Schuldgefühlen

und ihrer Feindseligkeit.

 

Viele Menschen fühlen sich schicksalhaft dazu verdammt,

sich von ihren alten oder neuen schlechten Gefühlen

anleiten, beeinflussen oder in ihrem täglichen Tun und Lassen

dominieren zu lassen.

 

Wie wäre es stattdessen

in diesen Tagen des Fastens

auf Unbewusstheit und schlechte Gefühle zu verzichten?

Hier gibt es für den Verzicht

auf schlechte Gefühle und Unbewusstheit

einen unmittelbaren Zusammenhang:

 

In demselben Augenblick,

in dem wir uns unserer schlechten Gefühle

wie Mangel an Liebe, Frieden, Geborgenheit,

Zugehörigkeit, Sicherheit, Leichtigkeit und Glückseligkeit

bewusst werden,

ist die Unbewusstheit unterbrochen.

 

Und in demselben Augenblick,

in dem die Unbewusstheit unterbrochen ist,

ereignet sich Bewusstheit.

 

In demselben Augenblick

ist der Mensch nicht mehr abhängig

von Vergangenheit und Zukunft

und ist sich seiner bewusst,

in der Gegenwart.

 

In diesem Augenblick der Gegenwärtigkeit

werden sämtliche Selbstheilungskräfte

von Psyche und Seele mobilisiert

um den eigenen Frieden und den anderer,

die eigene Freiheit und die anderer, zu gestalten.

 

Die Feindseligkeit

gegen all die vermeintlichen und tatsächlichen Verursacher

unserer schlechten Gefühle

löst sich auf wie der Nebel in der

aufgehenden Frühlingssonne.

 

In dem Maße, in dem Bewusstheit und Gegenwärtigkeit

sich entwickeln und den in uns wohnenden Frieden

in den Fokus stellen,

werden wir den Standpunkt des Verursachers

unserer schlechten Gefühle einnehmen

und den des neutralen Beobachters.

Und damit die Feindseligkeit heilen.

 

Und dann bleibt nichts weiter zu tun,

als die Befreiung zu feiern.

 

Die Befreiung zur Gegenwärtigkeit,

die einen Augenblick der Bewusstheit

an den anderen reiht.

 

Die Bewusstheit

von Schönheit, Liebe und Freude,

die ihre Kraft daraus bezieht,

mit anderen geteilt werden zu wollen.

Ich bin froh

Ich bin froh

 

Ich bin froh für alles, das ich nicht verstehe.

Das macht mich ein wenig gütiger.

 

Ich bin froh, dass ich durch Täler muss.

Das lässt mich die Gipfel besser erkennen.

 

Ich bin froh für meine Zweifel.

Das hilft mir, auf den Verstand zu verzichten.

 

Ich bin froh für meine Sprachlosigkeit.

Das bringt mich über das Schweigen zur Stille.

 

Ich bin froh, dass ich manchmal Angst habe.

Das lenkt meinen Blick auf den Augenblick.

 

Ich bin froh zu wissen, wovon ich abhängig bin.

Das zeigt mir wofür ich frei sein will.

 

Ich bin froh für meine Traurigkeiten.

Das wendet meinen Blick zum Trösten anderer.

 

Ich bin froh für meine Einsamkeiten.

Das lehrt mich, mich anderen zuzuwenden.

 

Ich bin froh für alle Zurückweisungen.

Das verhindert, dass ich mich zu wichtig nehme.

 

Ich bin froh für Verzicht.

Das stärkt meine Genügsamkeit.

 

Ich bin froh für Widerspruch.

Das lässt mich auf Rechthaben verzichten.

 

Ich bin froh, Menschen in Schubladen zu stecken.

Das hilft mir, sie wieder heraus zu lassen.

 

Ich bin froh für alles Bewahrenswerte.

Das öffnet mich für das Veränderungswürdige.

 

Ich bin froh für meine Widersprüche.

Das gibt mir Gelassenheit bei Entscheidungen.

 

Ich bin froh für meine Urteile.

Das öffnet Bereitschaft zur Versöhnung.

 

Ich bin froh für meine Bedürftigkeit.

Das verwandelt meine Gier in Schenken.

 

 

Ich bin froh für meine Oberflächlichkeit.

Das lehrt mich Achtsamkeit.

 

Ich bin froh für Unglücklichsein.

Das wendet meinen Blick zum Glücklichmachen.

 

Ich bin froh für den Schmerz von Sinnlosigkeit.

Das ist der Wendepunkt zur Sinnfindung.

 

Ich bin froh, die Augen zu verschließen.

Das lässt mich mit dem Herzen sehen.

 

Ich bin froh für die Angst vor den Tod.

Das gibt mir Mut zum Leben.

 

Ich bin froh für alle Ungewissheiten.

Das stärkt mein Vertrauen auf Getragensein.

 

Ich bin immer dann froh,

wenn ich Glück und Frieden

außerhalb von mir suche

und beide dort nicht finde.

 

 

 

Zwei in Eins

Zwei in Einem

 

Ich erinnere mich an die Tage des Unbehagens,

als ich morgens im Spiegel alles doppelt gesehen habe.

Das war ähnlich diesen Kipp-Figuren,

bei denen man in einer Zeichnung

entweder außen zwei Gesichter

oder innen eine Vase erkennen kann.

Manche Menschen sehen jeweils nur eine der Möglichkeiten,

bei anderen kippt es hin und her.

 

An den Tagen von Glück und Wohlbefinden

erkenne ich im Spiegelbild das Antlitz Gottes.

An den Tagen von Unglück und Missbefinden

erkenne ich im Spiegelbild die Fratze des Bösen.

 

Man hatte mich gelehrt,

ich bräuchte nur 17 kleine Gesichtsmuskeln aktivieren,

um mit autosuggestiver Psychohygiene

ein Lächeln zu erzwingen, das mit sofortiger Wirkung

Missbefinden in Wohlbefinden verwandelen würde.

 

Aber es sind diese Tage des Unbehagens,

an denen sich aus dem gut gemeinten Plan

eher ein Grinsen entwickelt,

das doch wieder an die Fratze erinnert.

 

Da ist wohl nichts zu machen:

Ich finde im Spiegelbild

Liebe und Hass,

Frieden und Krieg,

Mut und Feigheit,

Leben und Tod.

Gewaltige Kräfte von Gestaltung und Zerstörung

die miteinander ringen

und hin und her kippen.

Tiefgreifende Erfüllung im Tun des Guten

und beglückende Befriedigung beim Zufügen des Bösen.

Und es ist immer dasselbe Gesicht.

So, wie es immer derselbe Bergweg ist,

der gleichzeitig bergauf und bergab führt.

 

In meinem Gesicht ist immer beides:

das Antlitz Gottes

und die Fratze des Bösen.

 

Ich erkenne in meinem Gesicht

das Gesetz des Kippens

der Beiden in Einem

und finde darin Trost und Ruhe.

 

Das ganze Universum

ist in Gegensätzen geordnet,

mit der Gleichzeitigkeit von Gegensätzen.

 

Das Glas ist immer halbvoll und halbleer.

 

In jedem Bösen steckt das Gute.

In jedem Guten steckt das Böse.

Immer ist beides da,

immer die Zwei in Einem,

immer kippt es hin und her.

 

Getröstet und beruhigt

beginne ich das Kippen zu lieben.

 

Und bekomme gleichzeitig Angst vor all denen,

die Einseitigkeiten vertreten und verkaufen,

all die Politiker, Theologen und Pädagogen,

die ihre Wahrheit zur allgemeingültigen Wahrheit erheben.

 

Und im liebgewonnenen Hin-und Herkippen

der Zwei in Einem

erkenne ich in den gierigen Augen von Herrn Putin

und den abfallenden Mundwinkeln von Frau Merkel

die Sehnsucht und die Sorge,

die Hoffnung und die Verantwortung.

Und das Lächeln des Friedens

und der Liebe.

 

Wie aber

soll ich die Spannung der Gegensätze aushalten,

die Gegensätze in meinem Leben

und die in den Leben der anderen?

 

Da bleibt wohl nur die Liebe.

 

Ich entscheide mich für das Leben in Gegensätzen.

So versöhne ich mich mit meiner Fratze des Bösen,

nehme mich an, wie ich bin, mit allem.

Und höre auf, mich zu verurteilen.

 

Und in demselben Moment,

in dem aus der Versöhnung mit dem Bösen

meine Unschuld erwächst,

verwandelt sich mein Gesicht

zum Antlitz der Liebe,

die mich befreit,

niemanden mehr zu verurteilen.

 

Bis es wieder kippt.

Und ich zufrieden und versöhnt bin,

mit dem Zwei in Eins, dem Frieden der Gegensätze.

endlich unendlich glücklich

endlich unendlich glücklich

 

Warum sind wir Menschen so oft so unglücklich?

Wahrscheinlich deswegen,

weil wir von Menschen und Dingen

glücklich gemacht werden wollen.

Und dabei so oft enttäuscht werden.

 

In Wahrheit gibt es nur einen einzigen Grund

auf dieser Welt zu sein,

der uns zutiefst berühren, erfüllen und bewegen kann:

glücklich zu machen.

 

In unserer unerträglich quälenden Sehnsucht danach

geliebt und glücklich gemacht zu werden,

nehmen wir uns einen Partner

in widerrechtlicher Besitznahme

um vollständig zu werden (bessere Hälfte),

um heil zu werden,

um Einsamkeit zu überwinden,

um alte Ängste aufzulösen,

um endlich Frieden zu finden.

 

Aber es gibt nur einen einzigen Grund für eine Beziehung:

Gebend zu lieben und glücklich zu machen.

 

Unsere von Egoismen pervertierte Konsumgesellschaft

gaukelt uns vor, wir bräuchten

Partner, Kinder, Freunde, Berufe,

Hobbies, Urlaube, Autos, Häuser, Kleidung, Schmuck,

Drogen, Wertpapiere und Bausparverträge,

um endlich glücklich gemacht zu werden

und um Angst und Einsamkeit aufzulösen.

 

Aber es gibt nur einen einzigen Grund,

in Liebesbeziehung zu sein,

Kinder in die Welt zu setzen,

Freundschaften zu pflegen

und Berufe auszuüben:

glücklich zu machen.

 

Unsere jeweils einmalige, einzigartige Bestimmung

hängt nicht ab von unserem Wesen,

unserem Charakter oder unserer Persönlichkeit.

Hängt nicht ab von unseren Talenten, Begabungen,

Fähigkeiten, Ausbildungen und Tätigkeiten.

 

Unsere jeweils einmalige und einzigartige Bestimmung,

vollkommen unabhängig von dem,

wer wir sind und was wir haben, tun oder lassen

ist die, glücklich zu machen.

Das Glück, den Frieden, die Liebe,

die wir in uns tragen, gebend zu teilen.

 

So weit so gut.

Was aber, wenn uns die Kraft ausgegangen ist,

wir unser Glück in uns nicht finden können,

um es gebend und liebend zu teilen?

Haben wir dann nicht das Recht,

geliebt, getröstet und glücklich gemacht zu werden?

 

Es sind diese schweren Zeiten im Leben,

in denen wir besonders die Partner

mit Erwartungen und Forderungen aussaugen wollen

und ihnen klammheimlich einen Deal vorschlagen:

wenn Du mich tröstest, tröste ich Dich.

Und dabei immer wieder bitter enttäuscht werden.

 

Wie aber kommen wir heraus,

aus dieser Depression quälender Bedürftigkeit?

Vielleicht so:

Wir wenden innerhalb einer Sekunde unseren Blick

weg von uns selbst und unserem Leid,

hin zu dem anderen und seinem Leid.

Und stellen fest:

Unser Unglücklichsein

kommt vom glücklich gemacht werden wollen.

Und unser Glücklichsein

kommt vom glücklich machen.

 

Es ist unsere einzigartige Bestimmung glücklich zu machen,

das gilt für Partner, Kinder, Freunde, Hobbies und Berufe.

Und es gilt auch für das Beten, das Meditieren

und das Blumengießen.

 

Wenn Du die Blume gießt,

damit sie für Dich blüht und duftet,

bleibt das schale Gefühl Deiner Selbstbefriedigung.

Wenn Du sie gießt,

um ihr zu ihrer Bestimmung zu verhelfen,

wird sie für Dich blühen und duften.

Die Blume fragt nicht nach dem Warum.

 

Wenn es Dir einen Tag lang gelingt,

Partner, Kinder, Freunde, Kollegen, Gott und die Blume

glücklich zu machen,

dann hast Du am Abend keine Einsamkeit, keine Angst

und keine Angst vor dem Tod.

Denn dann ist Dein Leben erfüllt.

 

Wenn Dein Leben am Abend des Tages

noch nicht erfüllt ist,

weil Du nicht alle Menschen glücklich gemacht hast,

machst Du einfach morgen damit weiter

andere Menschen glücklich zu machen.

 

Und wenn es Dir einigermaßen gelungen ist,

die Menschen, Tiere und Pflanzen,

die Dir an diesem Tag begegnet sind

glücklich zu machen,

beginnt morgen der zweite Tag Deines erfüllten Lebens.

Und dann bist Du endlich unendlich glücklich.