Vergebung praktisch
Vergebung praktisch
Kurz vor Ostern.
Man könnte mal über Vergebung sprechen.
Über Gewalt und Gewaltlosigkeit,
über Krieg und Frieden.
Weltweit gibt es derzeit über 400 Kriege
(Auseinandersetzungen mit Waffengewalt).
Allein die USA führen derzeit 74 Kriege.
Dazu kommen die ungezählten kalten Kriege.
Und meine persönlichen 27 Kriege,
vor allem der mit meinem Nachbarn.
Mein Nachbar möchte sein Auto
vor dem Fenster seines Hauses parken.
Das sehe ich nicht ein.
Ich bin froh um jede Lücke.
Habe keine Lust, 300 Meter zu laufen.
Ich zahle Steuern, darf überall parken.
Der Nord-Süd-Konflikt wird immer brisanter.
Hoffentlich müssen wir die Flüchtlinge
nicht eines Tages abschießen.
Wer weiß,
was aus dem neuen, kalten Ost-West-Krieg wird?
Herr P. aus dem Osten und Frau M. aus dem Westen
sind einander böse.
Und ich?
Ich möchte nicht nur eine Parklücke.
Ich möchte auch genug Wohlstand,
um mir ein Auto kaufen zu können.
Und ich brauch auch Öl und Benzin.
Mir fallen Menschen ein,
die die ganze Welt bewegt haben,
weil sie ihren gewalttätigen Unterdrückern
vergeben haben
(fern aller logischen Vernunft
mit der man per Zahn um Zahn
um Gerechtigkeit kämpft)
und so Frieden in die Welt gebracht haben:
Gandhi, King, Mandela, etc.
Mir fällt der palästinensische Vater ein,
der die Augen seiner ermordeten Tochter
einem jüdischen Mädchen gespendet hat.
Wie haben die das geschafft?
Sie haben auf das Rechthaben verzichtet.
Und sich in die Beweggründe des Gegenübers eingefühlt.
Haben versucht, das Gegenüber zu verstehen.
Haben unterstellt,
dass der Aggressor selbst Opfer eines Leides ist,
selbst Angst hat.
Wie wäre es,
wenn Herr P. und Frau M.
sich in die Ängste
ihres Gegenübers einfühlen würden?
Seit ich von meinem Nachbarn weiß,
dass sein teures Auto
mit Bargeld und allen Papiern gestohlen wurde,
halte ich ihm die Parklücke vor seinem Haus frei.
Ich habe ihn ziemlich aus dem Konzept gebracht,
wir sind inzwischen Freunde.
Es hat sich bei uns beiden gut angefühlt
auf das Rechthabenwollen zu verzichten.
Wir sind jetzt froh und heiter miteinander.
Inzwischen kommt die Freude nicht aus dem Verzicht,
sondern weil wir Freude miteinander haben,
verzichten wir gern.
Zudem hab ich mittlerweile auch dies begriffen:
Wenn ich jemanden für böse halte
Herrn P. oder Frau M. oder meinen Nachbarn,
bekämpfe ich das Böse in mir,
weil ich das Böse in mir nicht ertrage
(wer weiß, wozu ich fähig bin).
Ich kenne die Feindseligkeit in mir,
gegen mich und andere.
Und habe begonnen, mir zu vergeben,
mich mit mir selbst zu versöhnen.
Aus dieser Versöhnung ist Mitgefühl geworden.
Manchmal bin ich damit sehr glücklich.
Und stecke andere damit an.
Ich bin froh mit meinem Verzicht.
Und wenn dann bald der Osterbraten kommt,
freue ich mich auch darauf,
auf Entbehrung zu verzichten.
Und ich schicke mein Licht der praktischen Vergebung
(die stärkste Kraft der Spiritualität)
zu allen meinen Feinden.
Wie ich das hinkriege?
Ich liebe mich.
Bewusstheit teilen
Bewusstheit teilen
In fast allen Kulturen und Religionen
gibt es Tage des Fastens,
im Judentum u.a. an Jom Kippur,
im Islam den Ramadan,
im Christentum die Passionszeit vor Ostern.
Menschen machen sich die Bedeutung ihrer Feste bewusst,
wollen sich auf Wesentliches besinnen,
verzichten für eine Weile auf Gewohntes,
um ihren Fokus auf Bedeutsames zu richten.
Der Verzicht
gehört aus entwicklungspsychologischer Sicht
zu den Erfahrungen, die eine Persönlichkeit
in besonderem Maße stärken können.
Menschen fast aller Kulturen und Religionen
verzichten für eine bestimmte Zeit
auf Fleisch, Süßigkeiten, Alkohol oder andere Genussmittel,
manche auf die gesamte Ernährung.
Der Verzicht
ist eine gute Möglichkeit des Innehaltens,
der Unterbrechung des gestressten Getriebenseins
und Funktionierenmüssens.
Eine gute Möglichkeit zur Bewusstwerdung dessen,
was zählt im Leben,
dessen, was wir zutiefst wirklich wollen und sollen.
Stattdessen sitzen viele Menschen dösend wie Vielflieger,
Kilometerrabatte sammelnd in wackeligen Sitzen
und haben nicht einmal mehr die Sehnsucht,
dass der Himmel sich öffnen könnte.
Andere fühlen sich getrieben
durch perfektionistisches Funktionieren
ihre schlechten Gefühle zu kompensieren.
Und werden doch immer wieder eingeholt
von ihrer Wut, ihrer Angst, Ihrer Trauer, ihrer Scham,
ihrem Groll, ihrer Eifersucht, Ihren Schuldgefühlen
und ihrer Feindseligkeit.
Viele Menschen fühlen sich schicksalhaft dazu verdammt,
sich von ihren alten oder neuen schlechten Gefühlen
anleiten, beeinflussen oder in ihrem täglichen Tun und Lassen
dominieren zu lassen.
Wie wäre es stattdessen
in diesen Tagen des Fastens
auf Unbewusstheit und schlechte Gefühle zu verzichten?
Hier gibt es für den Verzicht
auf schlechte Gefühle und Unbewusstheit
einen unmittelbaren Zusammenhang:
In demselben Augenblick,
in dem wir uns unserer schlechten Gefühle
wie Mangel an Liebe, Frieden, Geborgenheit,
Zugehörigkeit, Sicherheit, Leichtigkeit und Glückseligkeit
bewusst werden,
ist die Unbewusstheit unterbrochen.
Und in demselben Augenblick,
in dem die Unbewusstheit unterbrochen ist,
ereignet sich Bewusstheit.
In demselben Augenblick
ist der Mensch nicht mehr abhängig
von Vergangenheit und Zukunft
und ist sich seiner bewusst,
in der Gegenwart.
In diesem Augenblick der Gegenwärtigkeit
werden sämtliche Selbstheilungskräfte
von Psyche und Seele mobilisiert
um den eigenen Frieden und den anderer,
die eigene Freiheit und die anderer, zu gestalten.
Die Feindseligkeit
gegen all die vermeintlichen und tatsächlichen Verursacher
unserer schlechten Gefühle
löst sich auf wie der Nebel in der
aufgehenden Frühlingssonne.
In dem Maße, in dem Bewusstheit und Gegenwärtigkeit
sich entwickeln und den in uns wohnenden Frieden
in den Fokus stellen,
werden wir den Standpunkt des Verursachers
unserer schlechten Gefühle einnehmen
und den des neutralen Beobachters.
Und damit die Feindseligkeit heilen.
Und dann bleibt nichts weiter zu tun,
als die Befreiung zu feiern.
Die Befreiung zur Gegenwärtigkeit,
die einen Augenblick der Bewusstheit
an den anderen reiht.
Die Bewusstheit
von Schönheit, Liebe und Freude,
die ihre Kraft daraus bezieht,
mit anderen geteilt werden zu wollen.
Ich bin froh
Ich bin froh
Ich bin froh für alles, das ich nicht verstehe.
Das macht mich ein wenig gütiger.
Ich bin froh, dass ich durch Täler muss.
Das lässt mich die Gipfel besser erkennen.
Ich bin froh für meine Zweifel.
Das hilft mir, auf den Verstand zu verzichten.
Ich bin froh für meine Sprachlosigkeit.
Das bringt mich über das Schweigen zur Stille.
Ich bin froh, dass ich manchmal Angst habe.
Das lenkt meinen Blick auf den Augenblick.
Ich bin froh zu wissen, wovon ich abhängig bin.
Das zeigt mir wofür ich frei sein will.
Ich bin froh für meine Traurigkeiten.
Das wendet meinen Blick zum Trösten anderer.
Ich bin froh für meine Einsamkeiten.
Das lehrt mich, mich anderen zuzuwenden.
Ich bin froh für alle Zurückweisungen.
Das verhindert, dass ich mich zu wichtig nehme.
Ich bin froh für Verzicht.
Das stärkt meine Genügsamkeit.
Ich bin froh für Widerspruch.
Das lässt mich auf Rechthaben verzichten.
Ich bin froh, Menschen in Schubladen zu stecken.
Das hilft mir, sie wieder heraus zu lassen.
Ich bin froh für alles Bewahrenswerte.
Das öffnet mich für das Veränderungswürdige.
Ich bin froh für meine Widersprüche.
Das gibt mir Gelassenheit bei Entscheidungen.
Ich bin froh für meine Urteile.
Das öffnet Bereitschaft zur Versöhnung.
Ich bin froh für meine Bedürftigkeit.
Das verwandelt meine Gier in Schenken.
Ich bin froh für meine Oberflächlichkeit.
Das lehrt mich Achtsamkeit.
Ich bin froh für Unglücklichsein.
Das wendet meinen Blick zum Glücklichmachen.
Ich bin froh für den Schmerz von Sinnlosigkeit.
Das ist der Wendepunkt zur Sinnfindung.
Ich bin froh, die Augen zu verschließen.
Das lässt mich mit dem Herzen sehen.
Ich bin froh für die Angst vor den Tod.
Das gibt mir Mut zum Leben.
Ich bin froh für alle Ungewissheiten.
Das stärkt mein Vertrauen auf Getragensein.
Ich bin immer dann froh,
wenn ich Glück und Frieden
außerhalb von mir suche
und beide dort nicht finde.
Zwei in Eins
Zwei in Einem
Ich erinnere mich an die Tage des Unbehagens,
als ich morgens im Spiegel alles doppelt gesehen habe.
Das war ähnlich diesen Kipp-Figuren,
bei denen man in einer Zeichnung
entweder außen zwei Gesichter
oder innen eine Vase erkennen kann.
Manche Menschen sehen jeweils nur eine der Möglichkeiten,
bei anderen kippt es hin und her.
An den Tagen von Glück und Wohlbefinden
erkenne ich im Spiegelbild das Antlitz Gottes.
An den Tagen von Unglück und Missbefinden
erkenne ich im Spiegelbild die Fratze des Bösen.
Man hatte mich gelehrt,
ich bräuchte nur 17 kleine Gesichtsmuskeln aktivieren,
um mit autosuggestiver Psychohygiene
ein Lächeln zu erzwingen, das mit sofortiger Wirkung
Missbefinden in Wohlbefinden verwandelen würde.
Aber es sind diese Tage des Unbehagens,
an denen sich aus dem gut gemeinten Plan
eher ein Grinsen entwickelt,
das doch wieder an die Fratze erinnert.
Da ist wohl nichts zu machen:
Ich finde im Spiegelbild
Liebe und Hass,
Frieden und Krieg,
Mut und Feigheit,
Leben und Tod.
Gewaltige Kräfte von Gestaltung und Zerstörung
die miteinander ringen
und hin und her kippen.
Tiefgreifende Erfüllung im Tun des Guten
und beglückende Befriedigung beim Zufügen des Bösen.
Und es ist immer dasselbe Gesicht.
So, wie es immer derselbe Bergweg ist,
der gleichzeitig bergauf und bergab führt.
In meinem Gesicht ist immer beides:
das Antlitz Gottes
und die Fratze des Bösen.
Ich erkenne in meinem Gesicht
das Gesetz des Kippens
der Beiden in Einem
und finde darin Trost und Ruhe.
Das ganze Universum
ist in Gegensätzen geordnet,
mit der Gleichzeitigkeit von Gegensätzen.
Das Glas ist immer halbvoll und halbleer.
In jedem Bösen steckt das Gute.
In jedem Guten steckt das Böse.
Immer ist beides da,
immer die Zwei in Einem,
immer kippt es hin und her.
Getröstet und beruhigt
beginne ich das Kippen zu lieben.
Und bekomme gleichzeitig Angst vor all denen,
die Einseitigkeiten vertreten und verkaufen,
all die Politiker, Theologen und Pädagogen,
die ihre Wahrheit zur allgemeingültigen Wahrheit erheben.
Und im liebgewonnenen Hin-und Herkippen
der Zwei in Einem
erkenne ich in den gierigen Augen von Herrn Putin
und den abfallenden Mundwinkeln von Frau Merkel
die Sehnsucht und die Sorge,
die Hoffnung und die Verantwortung.
Und das Lächeln des Friedens
und der Liebe.
Wie aber
soll ich die Spannung der Gegensätze aushalten,
die Gegensätze in meinem Leben
und die in den Leben der anderen?
Da bleibt wohl nur die Liebe.
Ich entscheide mich für das Leben in Gegensätzen.
So versöhne ich mich mit meiner Fratze des Bösen,
nehme mich an, wie ich bin, mit allem.
Und höre auf, mich zu verurteilen.
Und in demselben Moment,
in dem aus der Versöhnung mit dem Bösen
meine Unschuld erwächst,
verwandelt sich mein Gesicht
zum Antlitz der Liebe,
die mich befreit,
niemanden mehr zu verurteilen.
Bis es wieder kippt.
Und ich zufrieden und versöhnt bin,
mit dem Zwei in Eins, dem Frieden der Gegensätze.
endlich unendlich glücklich
endlich unendlich glücklich
Warum sind wir Menschen so oft so unglücklich?
Wahrscheinlich deswegen,
weil wir von Menschen und Dingen
glücklich gemacht werden wollen.
Und dabei so oft enttäuscht werden.
In Wahrheit gibt es nur einen einzigen Grund
auf dieser Welt zu sein,
der uns zutiefst berühren, erfüllen und bewegen kann:
glücklich zu machen.
In unserer unerträglich quälenden Sehnsucht danach
geliebt und glücklich gemacht zu werden,
nehmen wir uns einen Partner
in widerrechtlicher Besitznahme
um vollständig zu werden (bessere Hälfte),
um heil zu werden,
um Einsamkeit zu überwinden,
um alte Ängste aufzulösen,
um endlich Frieden zu finden.
Aber es gibt nur einen einzigen Grund für eine Beziehung:
Gebend zu lieben und glücklich zu machen.
Unsere von Egoismen pervertierte Konsumgesellschaft
gaukelt uns vor, wir bräuchten
Partner, Kinder, Freunde, Berufe,
Hobbies, Urlaube, Autos, Häuser, Kleidung, Schmuck,
Drogen, Wertpapiere und Bausparverträge,
um endlich glücklich gemacht zu werden
und um Angst und Einsamkeit aufzulösen.
Aber es gibt nur einen einzigen Grund,
in Liebesbeziehung zu sein,
Kinder in die Welt zu setzen,
Freundschaften zu pflegen
und Berufe auszuüben:
glücklich zu machen.
Unsere jeweils einmalige, einzigartige Bestimmung
hängt nicht ab von unserem Wesen,
unserem Charakter oder unserer Persönlichkeit.
Hängt nicht ab von unseren Talenten, Begabungen,
Fähigkeiten, Ausbildungen und Tätigkeiten.
Unsere jeweils einmalige und einzigartige Bestimmung,
vollkommen unabhängig von dem,
wer wir sind und was wir haben, tun oder lassen
ist die, glücklich zu machen.
Das Glück, den Frieden, die Liebe,
die wir in uns tragen, gebend zu teilen.
So weit so gut.
Was aber, wenn uns die Kraft ausgegangen ist,
wir unser Glück in uns nicht finden können,
um es gebend und liebend zu teilen?
Haben wir dann nicht das Recht,
geliebt, getröstet und glücklich gemacht zu werden?
Es sind diese schweren Zeiten im Leben,
in denen wir besonders die Partner
mit Erwartungen und Forderungen aussaugen wollen
und ihnen klammheimlich einen Deal vorschlagen:
wenn Du mich tröstest, tröste ich Dich.
Und dabei immer wieder bitter enttäuscht werden.
Wie aber kommen wir heraus,
aus dieser Depression quälender Bedürftigkeit?
Vielleicht so:
Wir wenden innerhalb einer Sekunde unseren Blick
weg von uns selbst und unserem Leid,
hin zu dem anderen und seinem Leid.
Und stellen fest:
Unser Unglücklichsein
kommt vom glücklich gemacht werden wollen.
Und unser Glücklichsein
kommt vom glücklich machen.
Es ist unsere einzigartige Bestimmung glücklich zu machen,
das gilt für Partner, Kinder, Freunde, Hobbies und Berufe.
Und es gilt auch für das Beten, das Meditieren
und das Blumengießen.
Wenn Du die Blume gießt,
damit sie für Dich blüht und duftet,
bleibt das schale Gefühl Deiner Selbstbefriedigung.
Wenn Du sie gießt,
um ihr zu ihrer Bestimmung zu verhelfen,
wird sie für Dich blühen und duften.
Die Blume fragt nicht nach dem Warum.
Wenn es Dir einen Tag lang gelingt,
Partner, Kinder, Freunde, Kollegen, Gott und die Blume
glücklich zu machen,
dann hast Du am Abend keine Einsamkeit, keine Angst
und keine Angst vor dem Tod.
Denn dann ist Dein Leben erfüllt.
Wenn Dein Leben am Abend des Tages
noch nicht erfüllt ist,
weil Du nicht alle Menschen glücklich gemacht hast,
machst Du einfach morgen damit weiter
andere Menschen glücklich zu machen.
Und wenn es Dir einigermaßen gelungen ist,
die Menschen, Tiere und Pflanzen,
die Dir an diesem Tag begegnet sind
glücklich zu machen,
beginnt morgen der zweite Tag Deines erfüllten Lebens.
Und dann bist Du endlich unendlich glücklich.