Archiv | Oktober 2015

Aufbruch

Aufbruch

Wir ganz normalen Menschen sehnen uns nach

Zugehörigkeit, Sicherheit und Akzeptanz.

Nur so fühlen wir uns wohl.

Und wenn unsere

Zugehörigkeit, Sicherheit und Akzeptanz

bedroht werden, bekommen wir Angst.

Das ist sehr menschlich.

Es kommen immer mehr „fremde“ Menschen

in „unser“ Land.

Und es gibt immer mehr Menschen,

die davor Angst haben.

Fremde Menschen,

die ihre zerbombten Häuser verlassen haben

und ihre Heimat

und die keine Zeit mehr hatten,

ihre ermordeten Angehörigen zu beerdigen.

Menschen in Gefangenschaft endloser Bedrohung.

Menschen mit Durst, Hunger und Todesangst.

Menschen voller Sorge um eine ungewisse Zukunft.

Aber gleichzeitig voller Hoffnung, Kraft und Mut

für den Aufbruch in ein neues, lebenswertes Leben.

Mal eine ganz andere Frage:

Könnte es sein,

dass es nicht nur Angst ist,

die die Fremdenfeindlichkeit befördert?

Sondern auch Neid?

Ich sehe in die Augen von Flüchtlingsgegnern

und lese darin Hass und Angst,

auch die Angst vor der Gefangenschaft

endloser Bedrohung.

Und ich lese darin die Sehnsucht nach

Zugehörigkeit, Sicherheit, Akzeptanz

und Heimat.

Den Hunger und den Durst der Seele

nach Leben, Liebe und Geborgenheit.

Das Fehlen der Hoffnung, der Kraft und des Mutes,

für den Aufbruch in ein neues, lebenswertes Leben.

Könnte es auch Neid sein?

Um ein Missverständnis auszuschließen:

verbale und physische Gewalt

bei Flüchtlingen und Flüchtlingsgegnern,

muss erkannt, benannt, verfolgt und verurteilt werden.

Damit das Zusammenleben gelingen kann.

Aber es steht uns nicht zu,

den Menschen hinter der Gewalttat zu verurteilen.

Das ist der Mensch,

mit der Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit

und mit der Hoffnung auf Kraft und Mut

für den Aufbruch in ein neues, lebenswertes Leben.

Bei Flüchtlingen und Flüchtlingsgegnern.

Was tun?

Menschen wollen weder bekehrt noch verurteilt werden.

Reden hilft meistens nicht.

Aber ich habe eine Vision:

eines Tages werden auf dem Gebiet,

das früher einmal Deutschland hieß,

160 Millionen Menschen leben.

Übergangsweise wurden Moscheen und Synagogen

neben Kirchen errichtet.

Später gab es gemeinsame Gebetshäuser.

Die Menschen erkannten den Christus

in Jesus, Mohammed und Jahve.

Und fanden

Zugehörigkeit, Sicherheit, Akzeptanz und Heimat

im Zusammensein,

im Geben und Empfangen

von Liebe und Geborgenheit.

Der gemeinsame Aufbruch in ein neues Leben.

Ich gebe zu:

diese wunderbare Vision

macht mir auch Sorge und Angst.

Vielleicht geht es so:

Ich behalte diese Vision für mich.

Dann gehe ich mit der Sorge und der Angst

zu den Flüchtlingen und Flüchtlingsgegnern

und teile sie mit ihnen.

So sitzen wir gemeinsam in einem Boot,

die Flüchtlinge, die Flüchtlingsgegner und ich.

Wir geben uns gegenseitig

Verstehen, Offenheit und Zuneigung.

Dazu Hoffnung, Kraft und Mut für alles Gemeinsame.

Kann gut sein, dass dann das Wunder geschieht:

das für uns alle

das Aufbrechen ein Ankommen ist.

Freude

Freude

Wir Menschen sehnen uns so sehr nach Freude.

Stattdessen quälen wir uns mit Sorgen.

Und um den Schmerz der Sorgen erträglicher zu machen,

suchen wir das Vergnügen,

hoffen auf Freude im Vergnügen.

Dann wollen wir die Freude suchen, finden, einfordern,

erzwingen, vereinnahmen, gefangen nehmen

und festhalten.

Und dann versteckt sie sich wieder.

Das ist wie mit der Liebe und der Verbundenheit.

Die lassen sich auch nicht erzwingen und festhalten.

Auch die Freude

will einfach nur wahrgenommen werden.

Manchmal stecken wir sehr viel Energie

in das Vergnügen.

Alles soll Spaß machen,

der Beruf, die Beziehung, die Erziehung, die Wohnung,

der Urlaub, das Hobby, die Freizeit.

All das, um für Augenblicke Freude zu erleben

und die Sorgen nicht zu spüren.

Oftmals ist es so, dass die Gestaltung des Vergnügens

der Freude keinen Platz mehr lässt

oder sie sogar vertreibt.

Und dennoch:

wir können die Freude erleben und erfahren,

auch in der Sorge

und sogar im Vergnügen.

Wir können stundenlang vergnüglich telefonieren

und dann ist es dieses eine Wort,

das unsere Seele ganz tief berührt.

Wir können stundenlang vergnüglich arbeiten

und dann ist es diese eine Begegnung,

die unsere Seele ganz tief berührt.

Wir können stundenlang vergnüglich zärtlich sein

und dann ist es diese eine Berührung,

die unsere Seele ganz tief berührt.

Es sind diese stillen Augenblicke des Erschauderns,

wenn unsere Seele erzittert

von der Erschütterung der zarten Berührung.

Diese Augenblicke der Verbundenheit,

wenn die Zeit stehen bleibt

und uns vollkommene Gegenwart schenkt.

So etwas können wir nicht planen und gestalten

oder mit möglichst viel Vergnügen erzwingen.

Freude durch Vergnügen erzwingen zu wollen,

führt eher zu Vergnügungssucht.

Und dann wird es mit der Wahrnehmung der Freude

immer schwieriger.

Was tun?

Es gibt nichts zu tun oder zu lassen.

Es genügt eine ganz kleine Bereitschaft:

Ich bin jetzt da.

Bin bereit inne zu halten, zu hören und zu spüren.

Und dann fühlt es sich an, als würde die Freude

still und glückselig, flüsternd antworten:

Ich bin doch schon da.

Du musst mich nicht einladen,

weder zum Empfangen, noch zum Verschenken.

Du darfst in Dein offenes Herz

hineinhören und hineinspüren.

Du hast mich längst schon

zum Verschenken empfangen.

Ich bin die Liebe und die Verbundenheit.

Ich bin das Wort, die Begegnung, die Berührung.

Aber die Freude bleibt stille, antwortet nicht, sagt nichts.

Denn der Mensch,

der diese ganz kleine Bereitschaft hat,

Freude zu empfangen und zu verschenken,

der ist so sehr selbst diese Freude,

dass er keine Antwort braucht,

weil es die Frage „Wo bist Du Freude“ gar nicht gibt.

Beim Innehalten findet der Mensch

in dem gespürten, scheinbar geflüsterten „Da bin ich“

in der Mitte seines Herzens

sich selbst.

Der Mensch der erkennt, dass er die Freude

weder empfangen noch verschenken muss,

erfährt sich selbst in Liebe und Verbundenheit.

Der Mensch, der sich durch Innehalten,

Hören und Spüren

der Liebe und Verbundenheit bewusst ist,

erkennt, dass er die Freude ist.

Und verschenkt sich.

Frühlingsgefühle

Frühlingsgefühle

Immer wieder mal alles grau und trüb.

Wolken, Regen, Schnupfen.

Herbst.

Morgens und abends dunkel.

Die Blätter fallen,

nichts Besonderes im Fernseher,

die Zugvögel hauen ab.

Personalmangel.

Und Du hast auch die Nase voll.

Dazu noch:

überall schwierige Beziehungen

und Schwierigkeiten in Beziehungen,

mit Kollegen, Nachbarn, Freunden, Verwandten

und Partnern.

Jemand hat Dich mal wieder verärgert,

hat Deine Erwartungen nicht erfüllt

und Deine Bedürfnisse nicht befriedigt.

Du hast mal wieder jemanden verärgert,

hast seine Erwartungen nicht erfüllt

und seine Bedürfnisse nicht befriedigt.

Du hast mal wieder Dich selbst verärgert,

hast Deine Erwartungen nicht erfüllt

und Deine Bedürfnisse nicht befriedigt.

Und das weißt Du ja:

immer wenn Du verärgert wirst, jemanden verärgerst

oder Dich selbst verärgerst,

hast Du herbstlich kommuniziert:

grau, trüb, verschnupft und unaufrichtig.

Weil Du die Nase voll hast.

Und weil Du kein Zugvogel bist.

Manchmal denkst Du,

es sei gerade überall schattig, so viele Baustellen.

Besonders in Liebesbeziehungen.

Der Schmerz der Nähe.

Dabei hat alles so schön begonnen, stimmt`s ?

Die Einsamkeit war endlich geheilt.

Endlich der, der zuhört, bis er Dich versteht.

Endlich einer für dick und dünn und immer.

Manchmal sogar Glückseligkeit.

Und dann das:

Erwartungen nicht erfüllt,

Bedürfnisse nicht befriedigt,

Verletzungen, Vorwürfe, Urteile, Angst.

Abgründe. Einsamkeit. Desillusionierung.

„Augen auf bei der Berufswahl“,

hörst Du oft in diesen betrübten Herbsttagen.

Augen auf bei der Bundestagswahl,

bei der Wahl der Freunde, bei der Partnerwahl.

Aber das weißt Du ja auch längst,

bei Deiner Lebenserfahrung: es wird ja nicht besser.

Schlimmer geht immer.

Wenn Du keine Lust hast in Abgründe zu schauen,

kauf Dir 1000 Konservendosen und sperre Dich ein.

Oder Du probierst mal etwas Neues,

sagst statt „Augen auf bei der Partnerwahl“ :

Herz auf für die Partnerwahl.

Sei doch mal ver-rückt und stell Dir vor:

Deine Seele hat richtig gewählt !

Inklusive aller Verletzungen, Vorwürfe, Urteile, Ängste,

Abgründe, Einsamkeiten und Desillusionierungen.

Du musst einfach nur aufhören,

Dich für Deinen Partner

(Nachbarn, Freund, Kollegen, Verwandten)

verantwortlich zu fühlen.

Darfst endlich aufhören, ihn zu verändern,

zu therapieren, zu bemuttern, zu belehren, zu heilen.

Misch Dich nicht ein und lass ihn in Ruhe.

Da fallen gerade ein paar Blätter,

damit neue wachsen können.

Er findet seinen Weg !!!

Vielleicht auch hin zu Dir

(wenn nicht, dann nicht).

Vielleicht summst Du ganz leise

die Melodie seines Herzens,

(falls er sie vergessen hat).

Alte Seelenblätter müssen fallen.

Das tut ein bisschen weh

an den Stellen, wo neue wachsen wollen.

Ihr seid keine Zugvögel.

Ihr seid die, die die Wolken genauso lieben

wie die Sonne, die immer wieder durchbricht,

den Herbst genauso wie den Frühling.

Herz auf für die Partnerwahl.

Spür mal die Frühlingsgefühle.

Süßer Liebeskummer

Süßer Liebeskummer

Menschen erleben und erleiden Abschiede.

Eltern und Kinder verabschieden sich voneinander,

wenn die Zeit des Zusammenlebens vorüber ist.

Menschen in sozialen Berufen verabschieden sich voneinander,

wenn die Zeit der Begleitung vorüber ist.

Liebespartner verabschieden sich voneinander,

wenn die Zeit der Beziehung vorüber ist.

Angehörige und Sterbende verabschieden sich voneinander,

wenn die Zeit des Zusammenseins auf der Erde vorüber ist.

Immer dann gibt es Liebeskummer.

Liebeskummer heißt:

Jetzt ist mein Glück vorüber, weil ich Dich verloren habe

und weil Du mich jetzt nicht mehr beschenken kannst.

Wir nehmen einmal an,

Liebesglück ist so etwas wie

Verstehen, Vertrauen, Versorgen, Vergeben und Verbinden.

Dann wäre Liebeskummer ungefähr dies:

„Das alles hast Du mir geschenkt:

Verstehen, Vertrauen, Versorgen, Vergeben und Verbinden.

Und davon meistens viel zu wenig.

Und jetzt hörst Du ganz damit auf.

Du hattest meinen Mangel von all dem,

so oft und so wunderbar aufgefüllt.

Es war, als hätten sich Deine Geschenke

in meiner Hand so vermehrt, dass

ich Dir immer wieder einen Teil davon zurückgeben konnte.

Nun bist Du gegangen,

Du Vater, Du Mutter, Du Kind, Du Anvertrauter,

Du Liebespartner, Du Verstorbener.

Ich leide sehr unter dem Liebeskummer,

nun von Dir das nicht mehr zu bekommen,

das mich so glücklich gemacht hat:

Dein Verstehen, Dein Vertrauen, Dein Versorgen,

Dein Vergeben und Dein Verbinden.

Es ist ein brennender Schmerz,

als würde mein Herz verbrennen.“

Menschen, die einen solchen Schmerz erlebt haben,

ohne ihn zu leugnen, sich von ihm abzulenken

oder das Verlorene möglichst schnell zu ersetzen,

erfahren manchmal im Schmerz ihrer Einsamkeit

den Segen des Alleinseins (Alle – eins – sein).

Sie fühlen sich auf sich selbst zurückgeführt.

Und beginnen endlich,

Glück und Liebe in sich selbst zu suchen und zu finden,

indem sie beginnen,

sich selbst zu verstehen, sich selbst zu vertrauen,

sich selbst zu versorgen, sich selbst zu vergeben

und sich mit sich selbst und der Liebe in sich, zu verbinden.

Solche Menschen erkennen dann,

dass der Liebeskummer ein Ego-Wahn war.

Und dass der brennende Schmerz

das heilsame Zeichen dafür war,

dass der Ego-Wahn verbrennen wollte, Schritt für Schritt.

Menschen, die bereit sind

(und nur eine kleine Bereitschaft genügt),

sich dem Verbrennen des Ego-Wahns zu stellen

und den Schmerz anzunehmen,

finden so viel Glück und Liebe in sich,

dass sie nicht anders können,

als Glück und Liebe weiter zu verschenken.

Solche Menschen,

Eltern, Kinder, Anvertraute, Liebespartner

und Angehörige von Verstorbenen,

machen manchmal die wundersame Erfahrung,

dass sich in ihnen ein ganz anderer,

ein süßer Liebeskummer einstellt und entwickelt:

Nun, da Du gegangen bist,

kann ich Dich nicht mehr beschenken, mit meinem

Verstehen, Vertrauen, Versorgen, Vergeben und Verbinden.

Das macht mir Kummer und tut sehr weh.

Aber ich bin gewiss, dass für Dich das Gleiche gilt, wie für mich:

Du wirst Liebe und Glück in Dir und Deinem Herzen finden

und nicht mehr außerhalb von Dir suchen.

Du wirst so viel davon in Dir finden,

dass Du es verschenken musst, damit Dein Herz nicht platzt.

Er ist hinreißend, dieser süße Liebeskummer,

Dich nicht mehr hinreichend beschenken zu können,

mit meinem Glück und mit meiner Liebe

(wohl wissend, dass Du hinreichend hinreißend bist,

durch das Glück und die Liebe, die Du in Dir findest,

ohne mich dafür zu brauchen).

Kann sein, dass ich Dich wieder beschenken werde,

Du vermeintlich Verlorene, Du vermeintlich Verlorener.

Ganz sicher aber – neben Dir – auch andere.