Zwischenräume
Zwischenräume
Wir Menschen befinden uns zur Zeit
„zwischen den Jahren“
und stellen fest:
irgendwie sind wir immer irgendwie dazwischen.
Dabei fragen wir uns, ob es Sinn machen könnte,
die Zwischenräume sinnvoll zu definieren,
z.B. so, oder ähnlich:
Zwischen der ersten und der zweiten Halbzeit
ist Tee trinken und Kraft sammeln.
Zwischen Streit und Versöhnung
ist die Beziehungsklärung.
Zwischen den Stühlen
ist das Ringen um Balance.
Zwischen Innen und Außen
ist Selbstfürsorge und Fürsorge.
Zwischen Vergangenheit und Zukunft
ist die Gegenwart.
Zwischen Geburt und Tod
ist das Leben.
Und so können wir leicht erkennen:
Zwischenräume sind Chancen,
wir müssen uns nicht eingeklemmt
und gefangen fühlen.
Zwischenräume sind Spielräume,
in denen wir lernen können,
was zu tun und zu lassen ist,
beim Arbeiten und beim Lieben,
damit wir unsere einzigartige Bestimmung
so leben können,
dass wir froh und glücklich sind.
Dieses Lernen sollte allerdings
nicht ausschließlich erfolgsorientiert sein
so, als müssten wir unbedingt zielorientiert
irgendwelche politischen, ethischen
oder religiösen Dogmen realisieren.
Der Zwischenraum,
der ein Spielraum ist,
ist ein Raum des Geschehenlassens.
So, wie es ein Kind
beim Malen, Bauen und Spielen zulässt,
dass ganz von alleine
etwas Sinnvolles geschieht,
können Erwachsene Zwischenräume
spielerisch zum Geschehenlassen nutzen,
dem Nicht-Tun,
in dem alles getan ist.
Und im Zulassen, dass Sinnvolles geschieht.
Kein gesunder Mensch würde sagen:
„Ich muss dringend etwas Sinnvolles tun,
da, direkt vor meinen Augen befindet sich Sauerstoff,
ich werde jetzt atmen und meine Lungen füllen,
um weiterhin gut leben zu können.
Stattdessen ist dies
die Wirklichkeit menschlichen Seins:
ES atmet mich.
Absichtslos und achtsam gegenwärtig
stelle ich fest:
ES atmet mich.
Das Leben will, dass ich lebe.
In be-sinn-licher Stille
und meditativer Gleich-Gültigkeit
erlebe ich die Freude und die Dankbarkeit
des Geschehenlassens:
Das Leben lebt mein Leben.
Und das Leben liebt mein Leben.
Das Leben schenkt mir
das Geschehenlassen
in Zwischenräumen, die Spielräume sind,
zwischen den Jahren,
zwischen zwei Menschen,
zwischen gestern und morgen,
zwischen Geburt und Tod.
Wir haben es bereits hundertfach erlebt:
In Zwischenräumen
geschieht das Heilsame.
Mensch kann das nicht machen.
Und mit der Liebe
ist es wie mit dem Atmen:
sie ereignet sich.
Vielleicht findet sich beim Jahreswechsel
ein Licht am Himmel,
das unsere Augen, Herzen und Hände öffnet,
für das neue Lebensjahr.
Engelsdüfte
Engelsdüfte
Das ganze Zimmer leuchtet in orange,
Sonnenaufgang.
Das erinnert mich an Mutter,
die uns Kindern beim Sonnenuntergang an Heiligabend,
auf dem Weg von der Kirche nach Hause zur Bescherung,
erklärt hat:
„Das Christkind backt Kuchen“.
Vor mir steht leuchtend ein Engel
aus gläsernem Acryl,
mit einem bläulichen LED-Lämpchen.
Herrlich romantisch,
fast ein bisschen kitschig.
Den bekommen meine Enkel zu Weihnachten.
Ich erinnere mich an die Zeit
ernsthafter theologischer Auseinandersetzungen
mit der Weihnachtsbotschaft der Inkarnation,
der Fleisch- und Menschwerdung Gottes.
Als ich jeden romantischen Weihnachtskitsch
vehement bekämpft habe.
Aber viel lieber erinnere ich mich an die Zeit
mit all den herrlichen Klängen und Gerüchen,
den seelischen Erschütterungen knisternder Vorfreude
beim Plätzchenbacken im Kerzenschimmer.
Und an die Zeit, als wir für unsere Tochter
den ganzen Wohnzimmerteppich
mit Stroh bedeckt hatten,
um der Krippe ganz nahe zu sein.
Meine Enkel bekommen einen
bläulich leuchtenden Acrylengel.
Das Geheimnis der Weihnachtsengel:
Sie sind wie Düfte.
Sie krabbeln in jede Ritze.
Weihnachtsengeldüfte
sind nicht einfach nur romantisch.
Sie krabbeln in jede Ritze.
Wenn Du Frieden willst und Versöhnung,
wenn Du Flüchtlinge wie Maria und Josef
aufnehmen willst,
musst Du damit rechnen,
dass Du den Christus in Dein Haus lässt.
Das ist nicht romantisch.
Kann sein, dass wir Menschen
viel lieber auf all die Romantik achten,
damit wir uns die frohe Botschaft
nicht anschauen müssen.
Frieden wirklich wollen
ist kein romantisches Knistern.
Die Engelsdüfte gehen in jede Ritze.
Auch dahin, wo unser Unfriede ist,
unser Rechthabenwollen, unsere Urteile,
unsere Sorgen und Ängste.
Wenn wir es uns erlauben,
all unseren Groll und all unsere Angst anzuschauen,
ist das der wundersame Beginn, beide loszulassen.
Wir dürfen unsere versteckten Flüche flüstern,
uns unserer bodenlosen Einsamkeit stellen,
unseren gierigen Egoismus aussprechen,
unseren Hass in ein Kissen schreien,
unsere bisher ungeweinten Tränen strömen lassen,
unsere tiefsten Sehnsüchte bekennen
und vor dunkler Todesangst erschaudern.
Das alles auch ist unsere Wirklichkeit.
Hinschauen und Loslassen ist kein Spaß
und keine Romantik.
Wenn wir uns all dem, was so furchtbar weh tut,
vertrauensvoll und mutig stellen
und es mit jemandem teilen,
müssen wir damit rechnen,
dass jemand uns zum Christus wird,
wir jemandem zum Christus werden.
DAS könnte in diesem Jahr
die Weihnachtsbotschaft sein.
Und dafür dienen
all die schönen Gerüche und Klänge,
all die wunderbaren Leckereien.
Ja, das Christkind backt Kuchen.
Und meine Enkel
bekommen einen gläsernen Acrylengel
mit bläulichem LED-Lämpchen.
Denn Engelsdüfte gehen in alle Ritzen.
Wundertäter
Wundertäter
Wusstest Du eigentlich schon,
dass Du ein Wundertäter bist und Wunder tun kannst?
Ich habe heute Morgen eins getan und erlebt
und ich will Dir das Geheimnis verraten, wie es geht,
dann sind wir schon mal zwei.
Ich saß so da, ganz in Gedanken versunken.
Beim Grübeln
kamen meine Sorgen und Ängste nach oben,
all mein Unerledigtes,
mein Groll, meine Urteile, meine Vorwürfe,
meine Konflikte, meine Unzufriedenheiten,
meine Trägheiten und Resignationen.
All diese Fragen.
Und all dies Grübeln und Fragen
gipfelte in die eine Frage:
Liebe ich und bin ich geliebt?
Und bei dieser einen, letzten Frage
geschah etwas, das ich zunächst nicht verstand:
irgendetwas war auf einmal ganz anders.
Da kam so ein Gefühl von Dankbarkeit
angeschlichen.
Das hat sich so gut angefühlt,
dass ich ein wenig dabei bleiben wollte,
bis mir klar wurde, wie glücklich sich das anfühlt.
Und ich dachte: JA,
Dankbarkeit führt so sicher zu Glück,
wie Undankbarkeit zu Unglück führt.
Mich zu fragen,
ob ich liebe und geliebt werde,
führt so sicher zu Liebe,
wie das Nichtstellen dieser Frage dazu führt,
mir der Liebe nicht bewusst zu sein.
Das war wie ein Durchbruch
durch die Wolken der Sorgen.
„Nur“ diese eine Frage.
Diese eine, alles entscheidende Frage.
In diesem einen Augenblick,
in dem sie da war, die Liebe
(und sie ist immer da!),
gab es für diesen Augenblick
keine Sorge, keine Angst, keinen Groll.
Da wurde mir klar:
Solange ich atme, liebe ich
und werde geliebt.
Das ist unumstößliche Wahrheit
und Wirklichkeit.
Da kann ich nichts dran ändern.
Dass die Liebe da ist,
ist mindestens so sicher
wie die Tatsache, das Licht und Luft da sind.
Kann sein, dass ich blind bin oder es Nacht ist.
aber das ändert nichts daran, dass die Sonne scheint.
Kann sein, dass mir mal die Luft weg bleibt,
aber das ändert nichts daran, dass es Sauerstoff gibt.
Kann sein, dass ich sie mal nicht spüre, die Liebe
oder ich ihrer nicht bewusst bin,
aber das ändert nichts daran, dass sie da ist.
Allein das ist schon ein Wunder:
Ich muss nichts tun oder lassen,
„nur“ diese eine Frage stellen:
Liebe ich und bin ich geliebt?
Damit ist alles getan.
Ich nehme alles an, so, wie es ist
und stelle nur diese eine Frage.
Und dann geschieht es:
Ich liebe. Und ich bin geliebt.
Und hier kommt das eigentliche Wunder,
das Dich und mich zu Wundertätern macht.
Halt Dich irgendwo fest, es könnte Dich umhauen:
Du stellst diese eine, alles entscheidende Frage:
Liebe ich und bin ich geliebt?
Wenn Du mit JA antwortest,
ist sie da die Liebe.
Und wenn Du mit NEIN antwortest,
ist sie erst recht da, die Liebe,
denn Du bist Dir gerade,
allein durch das Stellen der Frage,
ihrer bewusst geworden.
Da kannst Du nichts dran ändern.
Die Liebe macht, was sie will.
Da kannst Du auch tun und lassen, was Du willst.
Ist DAS schön ? !!!
Sein und Sollen
Sein und Sollen
beschreibt sie wohl ganz gut,
diese stressige Quälerei
in der Vorweihnachtszeit,
diese Diskrepanz zwischen dem was ist
und dem, was unbedingt muss.
Advent heißt ja wohl Erwartung von Ankunft.
Was bedeutet eigentlich Weihnachten?
Es fehlen mir noch ein paar Geschenke.
Wollte noch Plätzchen backen.
Ich muss vor Weihnachten
noch ein paar Konflikte lösen
und Beziehungen klären, besonders die eine.
Dies und Das am Schreibtisch
wäre noch zu erledigen.
Jetzt wird es endlich dringend Zeit
für die Winterreifen.
Beruflich müssten vor Weihnachten
noch zwei bis drei Projekte
in Angriff genommen werden.
Und zwei bis drei Einladungen.
Und der Hausputz.
Ach ja, die Überweisung an die Kindernothilfe.
Und all das,
was ich bis Dezember aufgeschoben hatte.
Muss auch noch zum Weihnachtsmarkt.
Zu alledem sind noch ein paar
wichtige Entscheidungen zu treffen,
z.B. wer zu den Festtagen besucht
oder ausgeladen wird.
Ein bisschen Bewegung täte mir auch gut.
Sollten wir den Zustrom der Flüchtlinge begrenzen?
Was ist mit den Tornados? Und dem Klima?
Und dann kommt ja noch diese Adventsfeier.
All das klingt wie eine Eskalation,
hinein gesteigert bis in die Heilige Zeit:
Die Gans ist zäh, den Zeitpunkt verpennt,
die genervten Gäste nörgeln vehement,
und die Kerzen zerfließen dezent,
weil der Baum brennt.
Dies oder Das ist erfolgreich verschoben
und für das nächste Jahr aufgehoben.
Die Waage knirscht vom cremigen Tortenboden.
Geschenke dürfen zurück zum Erzeuger
und für Beziehungskonfliktlösungen finden sich
friedensstiftende Suchtstoffbetäuber.
Die Tornados machen Festtagspause,
obwohl die Muslime gar keine Christen sind.
Der Klimagipfel plant für 2020,
die Lichterketten an den Festtagen
für 10 Minuten am Tag ausschalten zu lassen.
Joggen ist im Frühling wirklich schöner.
(das könnte ich zeitlich
mit den Sommerreifen verbinden).
Bei den Beziehungskonflikten vertraue ich auf die Zeit,
die die Wunden heilt.
Da fällt mir ein:
was war eigentlich mit der geplanten Besinnung
in der Adventszeit?
Da war wohl auch wenig Sein und viel Sollen…
Immerhin,
die Weihnachts – CD lief ein paarmal.
Quälerei. Schlechtes Gewissen.
Mit dieser Geburt sollte doch
der Himmel auf die Erde kommen.
Und jetzt?
Versagt.
Gescheitert.
Das haut mich um.
Und während ich so da sitze,
umgehauen von der Wirklichkeit,
und diese Gefühle zulasse,
erkenne ich:
Das alles bin ich nicht,
dieses ganze Wollen, Sollen und Müssen:
Ich kann und will
manche Dinge nicht entscheiden.
Ich kann und will mir und anderen
nicht alles recht machen.
Ich kann meinen Ansprüchen
und denen anderer nicht genügen.
Ich kann und will nicht
auf Knopfdruck funktionieren.
Ich bin nicht perfekt.
Ich will nicht mehr Aufschieben sagen,
wenn ich Dinge verschiebe.
Ich kann nicht immer nur lieben.
Ich bin einer, der immer wieder versagt.
Und scheitert.
Ich bin und ich bin nicht Dies und Das.
Ich tue und lasse Dies und Das.
Genau so bin ich perfekt.
Ich habe statt Sollen mein Sein gewonnen,
da ist auf einmal der Himmel gekommen.