Archiv | Mai 2016

Wa(h)re Bedeutsamkeit

Wa(h)re Bedeutsamkeit

 

Tatsächlich, ja :

manchmal sind wir nur ein Tropfen

auf dem heißen Stein,

der verpufft:

beim Frieden, bei der Gerechtigkeit,

bei der Bewahrung der Schöpfung,

beim Glauben, bei der Hoffnung, bei der Liebe.

 

Dann träumen wir manchmal davon,

andere mögen sich endlich vom

Sofa der Bequemlichkeit und Resignation erheben

und sich mit uns zusammentun,

um gemeinsam den heißen Stein abzukühlen.

 

In ganz besonderen Momenten

bekommen wir ein Gefühl

für die eigene Kraft und Macht,

eine Idee davon, dass in unserem Tropfendasein

der ganze Ozean ist,

der heiße Steine und Berge versetzen kann.

Dann erleben wir die Erfüllung unserer Träume

im Geschehenlassen.

 

Es gibt aber auch immer wieder diese Momente,

in denen wir uns klein, schwach, ängstlich

und bedeutungslos fühlen.

Dann ist es gut,

wenn wir unser Selbstbewusstsein stärken:

 

für die Aufgabe, die wir zu erfüllen haben,

sind wir von größter Bedeutung und unersetzbar.

Ein besonderer anderer Mensch,

ist für uns der wichtigste Mensch auf der Welt.

Wir haben in der Vergangenheit Bedeutsames bewirkt,

das uns so geprägt hat, dass wir auch in Zukunft

große Ziele erreichen werden.

 

Das alles ist wahr und es ist gut,

es nicht zu vergessen.

 

Gleichzeitig dürfen wir einsehen,

dass wir eben gerade nicht ! unersetzbar sind.

 

Dass der eine besondere andere Mensch

eben nicht ! unbedingt

der einzig wichtige Mensch auf der Welt sein muss.

 

Dass wir das Gefühl von Sinn und Erfüllung

im gegenwärtigen Augenblick erleben

und gerade nicht ! in den Prägungen,

mit denen man bedeutsame Ziele erreichen will.

 

Unsere Bedeutsamkeit

ist eben genau keine Ware,

die wir anbieten können, um dafür entlohnt zu werden.

 

Unsere wahre Bedeutsamkeit

liegt in der Gleichzeitigkeit von

bedeutsam sein,

ohne sich für bedeutsam zu halten.

 

Tatsächlich

dürfen wir unsere Verantwortung wahrnehmen

und unsere einzigartige Aufgabe erfüllen.

Tatsächlich

dürfen wir für mindestens einen besonderen Menschen

eine besondere Verantwortung wahrnehmen.

Tatsächlich

dürfen wir aus der Vergangenheit lernen,

wie in der Zukunft das Leben gelingen kann.

 

Gleichzeitig ist unsere Bedeutungslosigkeit

die höchste Form der Freiheit.

Eine wahre Freiheit,

die in Verantwortung ruft.

 

Eine wahre Bedeutung, die keine Ware ist.

 

Es geht um die Kunst der Gleichzeitigkeit:

sich selbst für bedeutsam zu halten,

ohne den Egoismus zu stärken.

Und sich selbst für bedeutungslos zu halten,

ohne die eigene Minderwertigkeit zu stärken.

 

Womöglich ist es so:

 

In dem Augenblick,

in dem wir Bedeutungslosigkeit praktizieren

und uns im erfüllten Nicht-Tun üben,

könnte die Erleuchtung beginnen.

 

In einer Verantwortlichkeit,

die aus Freiheit geboren ist

und in die Freiheit ruft,

wird die Bedeutsamkeit einer einzigartigen Aufgabe

und die Bedeutsamkeit einer einzigartigen Person

in den Mittelpunkt unseres Blickfeldes gerufen.

 

Und das ist die Liebe.

Präsenz

Präsenz

 

Viele nachdenkliche Menschen schwören auf Präsenz,

auf das Glücklichsein, das es nur im Hier und Jetzt gibt,

auf den Sinn des Lebens im Augenblick.

 

Viele vermuten, dass es nicht so viel Sinn macht,

auf Wohlstand, Glück und Liebe zu warten

und auf die Zukunft zu hoffen.

 

Wenn wir unsere Ziele erreicht haben

– Erfolg, Lottogewinn, Karibikstrand, Traumpartner –

dann stellen sie sich schnell wieder ein,

die gesammelten Erfahrungen und Gefühle

aus der Vergangenheit und mit ihnen

Angst, Sorge, Kummer, Unzufriedenheit,

Langeweile, Verlust, Zweifel, Unfrieden,

Trennungsschmerz, Zurückweisung, Urteil,

Scham, Schuldgefühl u.v.a.m.

 

Dann sitzen wir wieder im Vorzimmer der Hölle,

deren Tür sich eines Tages endgültig öffnen könnte

und warten darauf, dass das Wunder geschieht

und sich über uns der Himmel auftut

und uns mit seiner heimatlichen Geborgenheit

sanft umschließt,

um alle unsere Erwartungen zu erfüllen

und all unsere Bedürfnisse zu befriedigen.

 

Diese Erfüllung solcher Hoffnung ist unsicherer

als ein Lottogewinn (1 : 140 Millionen).

In diesem Fall ist es weniger als 1 : 7 Milliarden.

 

Diese Hoffnung, Du könntest den Himmel

– alles Wahre, Schöne, Gute, Wohlstand, Glück und Liebe –

irgendwie erreichen, erringen, erarbeiten, erwirken

oder einfordern, die gibt es nicht.

 

Die einen haben längst resigniert

und sich mit der Hölle abgefunden.

Die anderen versuchen mit qualvoller moralischer Enge

alles möglichst gut zu machen

und scheitern minütlich.

Wieder andere wollen von Gott

alles in Ordnung bringen lassen

und warten zerknirscht im diesseitigen Jammertal

auf jenseitige Erlösung.

 

All das klingt tragisch, deprimierend, hoffnungslos.

 

 

Und doch.

Es gibt Hoffnung:

 

Der Himmel ist hier. Jetzt.

 

Stell Dir das einmal vor:

Der Himmel ist jetzt.

Da, wo Du jetzt gerade bist.

 

Der Himmel

war nicht und wird nicht, sondern ist.

Du bist im Himmel.

 

Vergangenheit war und ist vorbei.

Zukunft ist noch nicht.

Was bleibt ist der Augenblick.

Das ist Himmel.

 

Du atmest, liest und liebst.

Das ist Himmel.

 

Wenn Du glücklich bist, ist das Himmel.

Wenn Du unglücklich bist,

ist das der Wendepunkt,

Deinen Blick zu richten auf das,

was Dich hier und jetzt glücklich macht. Himmel.

 

Diese Selbstbewusstheit

mit allen Deinen Stärken und Schwächen,

macht Mitgefühl

und Akzeptanz der Stärken und Schwächen anderer.

Das ist Himmel.

 

Das Mitgefühl

für die Stärken und Schwächen anderer,

macht Selbstbewusstheit

und Akzeptanz Deiner Stärken und Schwächen.

Das ist Himmel.

 

Wenn Du mutig Deine Angst anschaust,

ist das Mut, Trost, Zuversicht. Himmel.

 

Wenn Du versöhnlich Deine Fehler anschaust,

ist das Vergebung, Unschuld, Liebe. Himmel.

 

Du hast die freie Wahl,

Dich in diesem Augenblick, in voller Präsenz,

für Gedanken des Wohlstands, des Glücks und der Liebe

für Dich und andere zu entscheiden.

 

Da bist Du im Himmel.

Worauf wartest Du ?

Vollständigkeit

Vollständigkeit

 

Wäre das nicht schön?

Wenn endlich einmal alles vollständig wäre?

Alles vollen Bestand hätte?

Wir selbst einmal ganz vollständig wären?

 

Aber nein, leider nein:

wir Menschen sind ganz offensichtlich Mangelwesen.

Unvollständig kommen wir auf die Welt

und müssen von da an ganz viel lernen.

 

Bis hin zum Sterben

werden wir geboren.

Bis hin zu dem Tag, an dem wir die Welt verlassen,

kommen wir auf die Welt.

Mit mehr oder weniger Eigenverantwortlichkeit.

 

Manche von uns drängen so sehr auf die Welt,

dass sie immer nach Luft schnappen müssen,

sich von Konsumlichtern des Erfolgs blenden lassen

und chronische Kopf- und Herzschmerzen entwickeln.

 

Andere, die vor ein paar Tagen noch

über die unerträgliche Hitze gejammert haben,

klagen jetzt über die verregnete Kälte.

 

Wieder andere

legen die gecremten Hände auf das satte Bäuchlein,

träumen von Wohlstand, Glück und Liebe

und warten auf Godot (der kam auch nie).

 

Wir warten

auf Familienfrieden,

den einen Anruf,

eine Banküberweisung,

besseres Wetter,

die Sonntagsgedanken,

den Prinzen oder die Prinzessin,

diverse Entwöhnungen,

Feuer im Finanzamt,

eine Haushaltshilfe,

den ersten wahren Orgasmus

oder die Rente.

 

Gleichzeitig sind wir neidisch und eifersüchtig

auf all die scheinbar

Wohlständigen, Glücklichen und Liebenden.

 

Wir fühlen uns unvollständig.

Und wertlos.

 

Hetzend, jammernd und wartend

träumen wir von Vollständigkeit.

 

Um uns wertvoll und vollständig zu fühlen,

brauchen wir die Erfüllung all unserer Träume

von Wohlstand, Glück und Liebe.

 

So denken und fühlen wir Menschen manchmal,

besonders in Krisen und depressiven Verstimmungen.

 

Aber das sind wir nicht in Wirklichkeit.

Tief drinnen, in der Mitte unseres Herzens

(wenn wir mal wieder Zugang geschaffen haben),

finden wir Dankbarkeit

für all das, was wir haben und sind.

 

In der Mitte unseres Herzens

wissen wir es ganz genau:

Wir brauchen weder dieses Geld,

dieses Wetter, diesen Urlaub,

noch diese erhofften Umstände,

noch diese eine besondere Person,

um wertvoll und vollständig zu sein.

 

Eifersucht und Neid

sind Kampf, Feindschaft und Krieg

gegen die eine Situation oder Person.

Beides treibt den anderen von mir weg

und mich von mir selbst.

 

Wenn wir uns ohne die geforderten

„Wohlstand, Glück und Liebe“

unvollständig fühlen,

werden wir uns auch mit ihnen unvollständig fühlen.

 

In Wahrheit sind wir vollständig

so, wie es gerade ist.

Wir sind dankbar für all unser Beschenktsein.

 

(Und es steht zu befürchten,

dass die Fordernden auch das Vorhandene verlieren).

 

Wenn wir das pflegen,

was wir im Hier und Jetzt haben,

werden wir genau das haben,

was wir im Hier und Jetzt pflegen.

 

Der, den ich brauche, den liebe ich nicht

und der, den ich liebe,

den brauche ich, weil ich ihn liebe.

Das wird meine Vollständigkeit versüßen.