Archiv | April 2015

Sonnenblume

Sonnenblume

Liebe Mama, lieber Papa, liebe Erzieherin,

okey, okey, ich bin manchmal bisschen anstrengend,

bis zu den Grenzen Eurer Erschöpfung.

Aber Ihr müsst halt auch bedenken:

Ich bin in Eure Erwachsenenwelt hinein geboren.

Am liebsten wäre mir eine Welt,

die ein Sandkasten ist, ein Elternbett, eine Blechtrommel,

ein Schaukelpferd oder ein Matschhaufen.

Dann müsste ich auch nicht so schwere Dinge lernen wie

Fremdsprachen, Sozialverhalten oder Selbstfürsorge.

Ihr freut Euch immer, wenn ich Fragen stelle,

die mit Eurer Erwachsenenwelt zu tun haben

und weil ich Euch lieb hab, geb´ ich mir ja auch Mühe.

In Wahrheit interessiert mich viel mehr:

Wie rutschig werden Fliesen, wenn das Waschbecken überläuft?

Wie fest muss man Kinder beißen, bis man Sieger ist?

Wie viele Salzstangen passen in den Mund?

Wie lange kann man weghören, wenn man gerufen wird?

(übrigens: wenn ich spiele, höre ich Euch wirklich nicht).

Und wenn ich die wesentlichen Fragen nicht beantwortet bekomme,

muss ich`s deswegen halt immer wieder probieren.

Und dann haltet Ihr mich irgendwann für auffällig

und geht mit mir zur Frühförderstelle.

Es gibt so viel Hektik, Stress, und Lärm in Eurer Welt.

Dabei gibt es so wunderschöne Musik wie:

der Klang des Marmeladenglases, das ich auf den Tisch haue,

das Schreien des kleinen Kollegen,

wenn ich mein Spielzeug zurück erobert habe,

das Schmatzen Eures Kusses.

Den ganzen Tag kämpfe ich um meine Freiheit,

mit der ich meine eigene, kleine, gute neue Welt

neugierig erobern will

(Ich mache übrigens jeden Tag 25 neue Erfahrungen,

könntet Ihr auch mal probieren)

Manchmal fühle ich mich ganz frei, wenn ich Euch was nach mache

und manchmal, wenn ich es ganz anders mache.

(und ich liebe Euch auch für Eure Regeln und Grenzsetzungen)

Und manchmal,

beim Schmatzen Eures Kusses,

fühl ich mich ganz unfrei, total verbunden und gebunden.

Und dann rast mein Herz vor Glück.

Und dieses Gefühl merk ich mir für mein ganzes Leben.

Ja, ja, ich weiß ja schon: das Leben ist ungerecht,

Du liebe Mama, lieber Papa, liebe Erzieherin.

Ihr seid die Hausherren, Ich der Gast.

Ihr dürft mich beherbergen und beschützen,

mir Freiraum geben und Geborgenheit

(offene Funktionsräume und geschlossene Morgenkreise).

Ihr lasst mich Fragen stellen

und manchmal lasst Ihr mich die Antwort selber finden.

Dafür hab ich als Gast aber auch

ganz, ganz schöne Gastgeschenke:

Euer Glück, Eure Bestimmung, Eure Erfüllung und mein Glück.

Und Eure Anstrengung bis zur Erschöpfung.

Und dann noch diese zweite große Anstrengung:

Ihr müsst Euch viel küssen,

damit Ich glücklich bin

(oder viel Teamentwicklung in der Kita machen).

Dann krieg ich von ganz allein ganz viel

Sozialkompetenz und Selbstfürsorge,

um mein eigenes Leben zu meistern.

Und dann kriegt auch Ihr den Himmel,

den Ich Euch gern zeigen will.

Also bitte: hört auf zu glauben, ich sei auffällig.

Unter allen meinen kleinen, süßen Auffälligkeiten

stecken süße kleine Zeichen der Kraft, der Gnade und des Segens:

Mein Durchsetzen und mein Nachgeben,

mein Ausbalancierung von Nähe und Distanz,

mein Bewahren und Verändern,

meine Fürsorge und Selbstfürsorge.

Manchmal bin ich

bissig wie ein Löwenzahn oder weich wie eine Butterblume,

schlau wie eine Fuchsie und empfindlich wie eine Primel,

heilend wie Kamille und zickig wie eine Brennessel,

versöhnlich wie eine Christrose und stachelig wie eine Distel.

Bitte Vergissmeinnicht, wenn ich ein Sauerampfer bin

und hab auch meine Neuröschen lieb.

Denn immer bin ich eine Sonnenblume !!!

Ich wende mich hin zu Deinem Licht.

Dann öffne ich mich und strahle Dich an.

Und dann leuchten wir gemeinsam hin zu einem anderen.

Und wenn Ihr das schön übt,

das Glücklichsein und Glücklichmachen,

dann weiß ich für mein ganzes Leben, wie das geht,

das Glücklichsein und Glücklichmachen.

Daseinsfreude

Daseinsfreude

Ganz oben im Norden, will der Tourist sich

nach dem kürzesten Weg zum Meer erkundigen

und findet ein altes Paar auf der Sonnenbank

vor ihrem Bauernhaus sitzend.

Er denkt:

„Wer weiß? Ich sollte mein bestes Hochdeutsch bemühen!“

„Hääh ?“ antworten die beiden.

Da probiert es der Tourist

mit Englisch, Französisch und Spanisch.

Immer wieder nur „Hääh ?“

Der Tourist fährt genervt weiter.

Da sagt der Bauer zu seiner Frau:

„Hast Du das gesehen? Drei Fremdsprachen konnte der“.

Sagt seine Frau: „Und wat nützt ihm dat nu?“

Da haben wir über Jahrzehnte so viel Wissen erworben,

haben uns mehr oder weniger erziehen lassen,

sind zu eigenverantwortlichen und sozialen Wesen gereift,

haben uns gebildet, fortgebildet, drei Sprachen gelernt,

studieren die alten Philosophen,

meditieren die modernen Lebenshilferatgeber,

lesen die Sonntagsgedanken…

Und? Wat nützt uns dat nu?

Na gut,

wir wissen inzwischen, was gut ist und was böse,

was richtig ist und was falsch.

Die Würde ist unantastbar.

Töten sollst Du auch nicht unbedingt.

Aber Vater und Mutter ehren.

Du sollst Ehrfurcht haben vor dem Leben,

sollst Deinen Nächsten lieben, wie Dich selbst,

sollst Kalorien zählen,

grade sitzen,

sollst Dich ein wenig bewegen,

weil nur in einem gesunden Körper

ein gesunder Geist wohnt,

sollst dankbar und zufrieden sein,

nicht so viel Rechthaben und Besserwissen,

sollst Deine Bestimmung leben,

Kinder nur auf den Po hauen und nicht verhüten,

nicht öffentlich in der Nase bohren,

Verschwörungstheorien misstrauen,

weniger rauchen,

das Glück in Deiner Mitte finden

und in der U-Bahn für Schwangere aufstehen.

Und vor allem Carpe diem,

Du sollst den Tag pflücken,

denn der Sinn des Lebens liegt im Augenblick.

Und all das mit innerer Ruhe

und in heiterer Gelassenheit.

Wir sollen authentisch sein,

in Übereinstimmung mit Denken, Fühlen und Handeln.

Aber ja, das wissen wir doch alles.

Und wat nützt uns dat nu?

Was uns noch fehlt ist,

dass dieser wunderschöne Hirnschmalz mit Grieben,

nun auch noch ins Herz tropft.

Dass all dies wunderbare, angelesene und erkannte Wissen.

nun nur noch der praktischen Umsetzung bedarf.

Der gefundene Sinn muss realisiert werden !!!

So einfach.

Bleibt nur ein kleines Problem:

Unsere Bequemlichkeit

hat es sich in ihrer alt bekannten Bequemlichkeit

bequem gemacht

und nutzt so

jede ihr sich bietende neue Bequemlichkeit,

um es sich wieder bequem zu machen.

Nach all den vielen Wünschen, Erwartungen, Anforderungen,

den ständigen Entscheidungen zwischen gut und böse,

richtig und falsch und nach dem was nützlich ist,

und der zwanghaften Suche nach dem, was glücklich macht,

gültig glücklich, dauernd glücklich und letztgültig glücklich…

Endlich in Ruhe Frieden zu finden,

um letztendlich im Frieden ruhen zu können…

Welch ein Stress.

Was bleibt?

Da sitze ich.

Ich bin da.

Ich atme.

Ich lebe.

Nichts ist zu tun.

Nichts zu lassen.

Ich bin einfach nur da.

Wunderbar.

Die reine Daseinsfreude.

Danach wird mir alles andere zu-fallen.

Oder auch nicht.

Gleich tue ich etwas. Oder auch nicht.

Ich bin da. Wunderbar.

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit

Alle sprechen von Nachhaltigkeit,

Politiker, Ökonomen, Klimaforscher, Ökologen, u.v.a.m.

Viele meinen damit etwas anderes, als andere.

Wenige meinen damit sich.

Einige könnten über Nach-Haltigkeit mal nach-denken,

bevor sie es nach-schwätzen.

Wir könnten doch mal nach-fühlen oder nach-schauen, nach innen,

bevor wir nach-denken,

über all das, das wir erlebt, erfahren und erkannt haben.

Wir würden nach-drücklich Dinge in uns finden,

die uns nach-sichtiger werden lassen würden,

mit uns und anderen.

Und wären nicht mehr so nach-lässig mit dem,

was wirklich wichtig ist.

Und wahrscheinlich

würden wir nicht mehr so sehr nach-haken und nach-treten,

müssten nicht mehr ständig nach-weisen, wie wichtig wir sind

und würden nicht mehr so oft nach-setzen,

wenn wir anderen deren Fehler nach-tragen,

um so dem Nach-weis unserer Kompetenzen nach-zu-jagen.

Damit würden wir sowieso nur die nach-ahmen,

deren Erfolg nach-haltig ausbleibt.

Bleibt wohl nur,

tatsächlich nach innen zu schauen

und das nach-gelassene Nach-sinnen nach-zu-holen,

damit dessen Ver-nach-lässigung

nicht zum eigenen Nach-teil gereicht.

Ein guter Weg könnte der sein,

beim Rechthaben und Besserwissen

nach-drücklich nach-zu-geben.

Das würde uns nach-weislich weiser werden lassen.

Wir würden von unserer

Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit nach-legen,

wie man ein Holzscheit nach-legt,

um das Feuer in Gang zu halten.

Mit nach-giebig nach-geholter und nach-gebesserter Nach-Sicht,

würden wir nicht mehr so viel werten, vorwerfen und urteilen.

So würde aus unserer Empathie nachhaltige Sympathie.

Womit keinesfalls gemeint ist,

alles hinzunehmen, nach-zu-plappern oder gut zu heißen.

Aber nachhaltiges Verstehen (Empathie)

führt wie von selbst zu Mitgefühl (Sympathie)

und die ist grundsätzlich nach-haltig.

So üben wir uns nach-haltig

(und es geht leider nicht ohne nach-haltige Übung)

in der Gestaltung des Lebens

durch eine von innen motivierte Lebensführung

und eine nach-sichtig nach-drückliche Verantwortlichkeit

für das eigene Glück und das anderer.

Und glauben nach-weislich nicht mehr daran,

dass andere für unser Glück verantwortlich sind.

Dieses Üben könnte dazu führen,

dass auch unser unnahbarer Nach-bar nicht mehr nach-treten muss,

weil unser nach-drückliches Üben

einer mitmenschlichen Lebensgestaltung

nicht nur nach-schwingt,

sondern auch zu ihm hinüber schwingt.

Wir werden in gemeinsamer Nach-folge

nicht mehr nach-lassen,

das Vermeiden der alten Nach-teile nach-zu-feiern.

Gemeinsam werden wir

in gemeinsamem nach-haltigen Nach-sinnen

zu der Ein- und Nach-Sicht gelangen,

dem Glück nicht mehr nach-jagen zu müssen.

Dieses gemeinsame Nach-feiern

wird sich anfühlen wie ein Nach-Hause-Kommen.

Es wird dort Seelenruhe sein.

Eine Seelenruhe in all dem,

was wir tun, lassen und sind.

Eine Seelenruhe,

mit der wir uns bereits zu Lebzeiten das

„Ruhe in Frieden“

zurufen

(lange bevor wir es nach-rufen).

In empathischer Sympathie.

Und in nach-haltig heiterer Gelassenheit.

Osterlachen

Osterlachen

 

Ostern und Osterlachen haben irgendetwas mit

Glauben, Religion und Gott zu tun.

Das ist kein Witz.

 

Neulich hat sich der Bischof angekündigt,

einen Gottesdienst zu halten.

Vorher wurde alles auf Hochglanz gebracht.

Sonntag, 10.00 Uhr:

die Würdenträger schreiten durchs Portal

und finden einen einzigen sich wärmenden Obdachlosen…

„Haben Sie angekündigt, dass der Bischof kommt?“

„Weh dem, der das ausgeplaudert hat“.

 

Ein Witz. Natürlich nur ein Witz.

Die Wirklichkeit ist anders:

Vorgestern, Karfreitag, die riesige Kirche rappelvoll.

30 Minuten lang haucht der pompös Behängte alle 20 Sekunden

„Beuget die Knie“ ins Mikrophon.

Hunderte Gläubige rauschen knackenden Knies

frühsportmäßig, gehorsam, gleichzeitig auf und ab.

 

Alles Geschöpfe Gottes.

Zum Glück hat Gott sich sein Osterlachen bewahrt.

DAS kann nicht sein Ernst sein.

 

Andere halten ihren Ostergottesdienst im Wellness-Tempel.

Direkt am Waldrand joggen sie mit herabhängenden

Bäuchen, Brüsten und Stirnbändern

vor herabhängenden Fernsehern.

Alles Geschöpfe Gottes.

DAS kann nicht sein Ernst sein.

 

Satiriker, Karikaturisten und Kabarettisten

bezahlen mit dem Leben,

weil sie sich durch witzige Arroganz

diesseitige Jungfrauen erhoffen,

indem sie sich über Menschen erheben,

die mit dem Leben bezahlen,

weil sie sich jenseitige Jungfrauen erhoffen.

Beides Geschöpfe Gottes.

DAS kann nicht sein Ernst sein.

 

Menschen pumpen Chemie in tiefe Erdlöcher,

um Gas zu gewinnen,

wohl wissend, dass ihr Wohlstand

nur durch die Abhängigkeit von Ölstaaten erhalten bleibt.

 

Menschen ziehen Tieren bei lebendigem Leib

das Fell über die Ohren,

um fehlerfreie Pelzmäntel tragen zu können.

 

Menschen leihen anderen Menschen Geld,

damit die anderen Menschen

bei ihnen Waffen kaufen können.

 

Menschen behaupten andere Menschen zu lieben,

weil sie endlich mal hinreichend geliebt werden wollen.

 

Alles Geschöpfe Gottes.

DAS kann nicht sein Ernst sein.

 

Und immer und überall behaupten Menschen,

dass ihre „Wahrheit“, ihre „Gerechtigkeit“ und ihre „Liebe“

die Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe Gottes seien.

 

Alles Geschöpfe Gottes.

DAS kann nicht sein Ernst sein.

 

Gott muss Humor haben,

um all diese Menschen trotz allem

und unentwegt und unter allen Umständen zu lieben.

Selbst die, die arrogante Texte wie diesen schreiben.

 

Gott sieht alles.

Aber er petzt nicht.

Und er drückt ein Auge zu.

Schließlich weiß er vom Autoren dieses Textes,

wie der Auto fährt, Fleischklopse kocht und Kinder erzieht.

 

Der Autor: Geschöpf Gottes.

DAS kann nicht sein Ernst sein.

 

Unwahrheit, Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit

werden kein Ende haben.

Aber mit der Frohen Botschaft von Ostern

wird aus Auslachen Osterlachen werden.

 

„Warum rülpset und furzet ihr nicht an Ostern?“

 

Solches mündet in der Regel in Osterlachen.

 

Wer lacht, macht heil und tötet nicht.

 

Und wer dem Leben, der Liebe und dem Lachen dient,

der beugt seine Knie in Dankbarkeit.